Weltpolitik

Massives Tempo und hohe Hürden bei Suche nach Johnson-Nachfolger

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Die britischen Konservativen wollen Premierminister Boris Johnson offenbar so schnell loswerden wie möglich.

 Die am Montagabend vom zuständigen Komitee vereinbarten Wahlregeln sehen nämlich nur eine eintägige Kandidaturfrist - am morgigen Dienstag - vor. Bereits am Mittwoch soll die erste Wahlrunde stattfinden, am Donnerstag die zweite. Um das Verfahren zu beschleunigen, wurden auch hohe Hürden eingezogen. Der neue Premier werde dann am 5. September bekannt gegeben.

Es soll so viele Wahlrunden geben wie nötig sind, dass zwei Kandidaten übrig bleiben. Diese werden sich dann einer Basisabstimmung der Parteimitglieder stellen. Die Verfahrensregeln wurden nach der Neuwahl des sogenannten 1922-Komitees festgelegt, das unter anderem für Misstrauensvoten gegen Parteiführer zuständig ist. Johnson hatte erst Anfang Juni ein Misstrauensvotum in dem Komitee überstanden, eine Welle von Ministerrücktritten zwang ihn in der Vorwoche jedoch dazu, das Handtuch als Parteiführer zu werfen. Als Premier will er bis zur Wahl eines Nachfolgers im Amt bleiben.

Wie das Komitee mitteilte, werden die Ergebnisse der Vorsitzendenwahl am 5. September - dem ersten Sitzungstag nach der Sommerpause bekanntgegeben. Um die Zahl der Bewerber einzugrenzen, wurden hohen Hürden für Kandidaturen und das Weiterkommen eingezogen. So darf in der ersten Runde nur antreten, wer mindestens 20 Unterstützungserklärungen aus dem Kreise der Abgeordneten vorweisen kann. In die zweite Runde kommen dann nur noch diejenigen, die mindestens 30 Stimmen haben. Damit wird vom üblichen Prozedere abgewichen, wonach in jeder Runde der schlechtestplatzierte Kandidat ausfällt.

Bis Montag warfen elf Kandidaten ihren Hut in den Ring. Johnson gab keine Empfehlung für seine Nachfolge ab. Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt nach seiner Rücktrittsankündigung lehnte es der 58-Jährige am Montag ab, einen Nachfolger im Amt des Vorsitzenden der konservativen Tories und des britischen Premierministers zu empfehlen. "Ich möchte niemandem die Chance verbauen, indem ich meine Unterstützung anbiete", sagte Johnson.

Zuletzt gingen auch Außenministerin Liz Truss und Staatssekretär Rehman Chishti ins Rennen. Nicht auszuschließen war zudem, dass noch Innenministerin Priti Patel ihre Bewerbung einreicht. Einer Umfrage der Webseite Conservative Home zufolge liegen die Brexit-Hardlinerin und Handelsstaatssekretärin Penny Mordaunt und die Abgeordnete Kemi Badenoch in der Gunst der Parteimitglieder vor den prominenteren Kandidatinnen und Kandidaten wie Ex-Finanzminister Rishi Sunak, Chefjustiziarin Suella Braverman und Außenministerin Truss.

In einem Namensbeitrag für den "Daily Telegraph" (Montagausgabe) kündigte Truss eine weiterhin harte Haltung gegenüber dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und Steuersenkungen an. "Unter meiner Führung würde ich vom ersten Tag an Steuern senken, um umgehend Maßnahmen zu ergreifen, damit die Menschen die täglichen Lebenshaltungskosten bewältigen können", schrieb Truss. Sie gilt als bevorzugte Kandidatin der konservativen Basis, die die Letztentscheidung über den Parteichef trifft.

Auch der frühere Finanzminister Rishi Sunak, der schon lange als Favorit für Johnsons Nachfolge galt, bewirbt sich um den Posten. Zudem haben bereits Generalstaatsanwältin Suella Braverman, der ehemalige Gesundheitsminister Jeremy Hunt, der ehemalige Gesundheits- und Finanzminister Sajid Javid und Verkehrsminister Grant Shapps ihre Kandidatur erklärt. Sunaks Nachfolger Nadhim Zahawi versprach ebenso wie Javid deutliche Steuersenkungen.

Fast alle Bewerberinnen und Bewerber kündigten sofortige Steuersenkungen an. Zudem wollen die meisten an umstrittenen Plänen Johnsons wie der einseitigen Aufhebung von Brexit-Regeln für Nordirland und dem Asyl-Pakt mit Ruanda festhalten. Illegal eingereiste Menschen sollen demnach ohne Prüfung ihres Asylantrags und unabhängig von ihrer Nationalität nach Ruanda gebracht werden, um dort Asyl zu beantragen. Die Opposition fordert eine Neuwahl. Der Chef der Labour Party, Keir Starmer, warf den Tory-Kandidaten vor, unerfüllbare Steuerversprechen zu machen.

Sunak und Javid sind die prominentesten der mehr als 50 Regierungsmitglieder, die vergangene Woche aus Protest gegen Johnson hinwarfen, weil dieser trotz etlicher Skandale und massiven Drucks aus den eigenen Reihen lange nicht zurücktreten wollte. Johnson hat den Parteivorsitz abgegeben, will aber als Premierminister so lange im Amt bleiben, bis die Nachfolge geklärt ist - was sich monatelang hinziehen könnte. Das erbost nicht nur die oppositionelle Labour Party, sondern auch zahlreiche konservative Abgeordnete. Daher könnten die Tories die Wahl des oder der neuen Vorsitzenden nun beschleunigen.

Blackman sagte, möglich sei, dass es bereits in dieser Woche am Mittwoch und Donnerstag zu ersten Abstimmungen in der Tory-Fraktion kommt. Nach einer live im Fernsehen übertragenen Debatte am kommenden Montag könnte dann in zwei weiteren Wahlgängen am Dienstag und Mittwoch die Auswahl auf zwei Bewerber begrenzt werden. Die letzte Entscheidung treffen dann die Parteimitglieder per Briefwahl. Ziel ist, dass ein Ergebnis bis zum 5. September feststeht, der ersten Parlamentssitzung nach der Sommerpause.

Das 1922-Komitee wollte am Montagabend über seinen Vorsitz abstimmen und anschließend die Regeln und den Zeitplan für die Wahl festlegen. Medienberichten zufolge sollen die Hürden für eine Bewerbung verschärft werden. So könnte die Zahl der vorgeschriebenen Stimmen von Abgeordneten, die jeweils die Kandidaten unterstützen, deutlich auf 20 erhöht werden, sagte Blackman.

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