Der Nationalrat hat Mittwochabend die Immunität der Abgeordneten Susanne Winter (F) und Peter Westenthaler (B) aufgehoben.
Winters "Auslieferung" erfolgte einstimmig, die Aufhebung der Immunität von Peter Westenthaler erfolgte gegen die Stimmen des BZÖ. Das Ersuchen kam im Fall Winters von der Staatsanwaltschaft Graz, bei Westenthaler von jener in Wien.
"Kinderschänder"-Sager
Gegen Winter wird wegen
Herabwürdigung religiöser Lehren und Verhetzung ermittelt. Sie hatte im
Grazer Wahlkampf unter anderem gemeint, der Prophet Mohammed habe ein
sechsjähriges Mädchen geheiratet und wäre "im heutigen System" ein
"Kinderschänder". Westenthaler wird beschuldigt, nach dem Besuch eines
Spiels bei der EURO einen Polizisten angefahren und leicht am Knie verletzt
zu haben. Vorgeworfen werden ihm, weil es sich um ein Mitglied der Exekutive
handelt, schwere Körperverletzung und Widerstand gegen die Staatsgewalt.
BZÖ empört über Westenthalers Auslieferung
Der
Abgeordnete Ewald Stadler stellte den politischen Zusammenhang her, dass der
von seinem Fraktionskollegen angeblich angefahrene Polizeibeamte ein
sozialdemokratischer Funktionär sei. Ferner attackierte er die
Staatsanwaltschaft, weil sie in der Sache überhaupt weiter ermittle, obwohl
nicht einmal ein ärztliches Zeugnis über die vermeintliche Knieverletzung
des Exekutivbeamten vorliege. Für Stadler wird nun mit der Aufhebung der
Immunität dieses Instrument für politische Rechnungen missbraucht.
Argumentiert wurde die "Auslieferung" von den anderen Fraktionen mit formalen Argumenten. Denn Winter war bei ihrer Äußerung noch nicht Abgeordnete, und die Worte fielen noch dazu nicht in der Kampagne für die Nationalratswahl. Daher war ihre Immunität aufzuheben. Bei Westenthaler wiederum konnten die Parteien außer dem BZÖ keinen Zusammenhang mit seiner politischen Tätigkeit feststellen. Allerdings konzedierte FP-Justizsprecher Peter Fichtenbauer, dass die Anklage wegen Körperverletzung aus seiner Sicht grundfalsch sei.
In der Causa Winter stimmten die Freiheitlichen zwar für die Auslieferung, allerdings wurde die Anklage an sich scharf kritisiert, da es sich nur um eine politische Wertung der freiheitlichen Politikerin gehandelt habe. Parteichef Heinz-Christian Strache sprach sogar von einem Skandal. Winter habe nie eine Religion herabgewürdigt: "Frau Doktor Winter hat kein Verbrechen begangen. Ganz im Gegenteil." Denn sie habe Fehlentwicklungen in einer Gesellschaft aufgezeigt, auch wenn vielleicht die Wortwahl nicht die richtig gewesen sei.
Während Winter der Debatte nicht folgte und auch im Anschluss nicht mitstimmte, war Westenthaler während der Aussprache anwesend und stimmte wie die ganze Fraktion gegen seine Auslieferung.
Nationalrat verabschiedete sich in die Weihnachtspause
Der
Nationalrat hat sich danach mit den besten Wünschen von Präsidentin Barbara
Prammer (S) in die Weihnachtspause verabschiedet. Eine rhetorische Bilanz
der Parlamentschefin gab es diesmal nicht, da erstmals ein schriftlicher
Jahresbericht vorgelegt wird, der bis Ende Jänner verfügbar sein soll. Die
nächste Sitzung des Nationalrats findet am 21. Jänner statt.