Wiederkehr präsentierte "fliegende Lerncafes" als ruhige Alternative zum Home Schooling
Durch die Corona-Pandemie sind derzeit auch die Kaffeehäuser im ganzen Land geschlossen. In Wien öffnen ab Donnerstag einige wenige wieder ihre Pforten - allerdings nicht zum Melangetrinken, sondern zum Lernen. Denn die Stadt stellt in Kooperation mit Gastronomen "fliegende Lerncafes" bereit. In diese können Oberstufenschüler, die genug vom Home Schooling haben, zumindest für ein paar Stunden in anderer Atmosphäre ihren Unterrichtsstoff durchgehen.
Bildungsstadtrat Christoph Wiederkehr (NEOS) stellte das neue Angebot der Stadt, das in Kooperation mit der Bildungsdirektion und den Kaffeesiedern umgesetzt wird, am Mittwoch vor. "Seit März herrscht de facto ein Ausnahmezustand in der Schule", sagte der Ressortchef in einer Pressekonferenz. Während Pflichtschüler seit Wochenbeginn zumindest wieder in den Präsenzunterricht zurückgekehrt seien, könne die Oberstufe mit Ausnahme der Maturajahrgänge nach wie vor nicht in die Klasse zurück. Viele Schülerinnen und Schüler hätten aber Schwierigkeiten beim Distance Learning - etwa wegen einer schlechten Internetverbindung, zu wenig Platz, lauter Geschwister oder fehlender Endgeräte.
Ruhige Alternative
Die Lerncafes sollen nun eine ruhige Alternative bieten "für alle, die sagen: Ich halt's nicht mehr aus im Home Schooling", wie Wiederkehr erklärte. Drei Kaffeehäuser machen nun einmal bis Weihnachten mit: das traditionelle Cafe Museum am Karlsplatz, das Cafe Frauenhuber in der Inneren Stadt und "The Legends" (vormals Cafe Haller) in Wien-Landstraße. Über die Buchungsplattform können interessierte Jugendliche einen Platz buchen, so der Bildungsstadtrat. Die ersten Slots - zur Auswahl stehen 14.00 bis 16.00 und 17.00 bis 19.00 Uhr - werden bereits für morgen, Donnerstag, vergeben. Ist man unter 15 Jahre alt, muss man in Begleitung eines Erwachsenen kommen.
Kaffeehausatmosphäre wird man in den Räumlichkeiten, die in herkömmlichen Zeiten wohl hin und wieder auch gerne zum Schulschwänzen besucht werden, allerdings weiterhin schmerzlich vermissen. Denn Getränke und Speisen dürfen laut Verordnung des Bundes nicht verkauft werden. "Man kann aber eine Jause mitnehmen", sagte Irmgard Querfeld, die das Cafe Museum betreibt. Sie verwies außerdem auf die corona-adäquaten Sicherheitsmaßnahmen wie regelmäßige Desinfektion aller Bereiche und großer Abstand zwischen den einzelnen Sitzplätzen. So bietet das Cafe Museum bei 300 Quadratmetern Fläche gerade einmal 15 Schülerinnen und Schülern gleichzeitig Unterschlupf.
In den anderen teilnehmenden Cafes gebe es 18 bzw. 12 Plätze, berichtete Wolfgang Binder, Kaffeesieder-Obmann in der Wiener Wirtschaftskammer. Er hofft, dass sich noch weitere Unternehmer an dem Projekt beteiligen. Miete bekommen die Gastronomen dafür nicht bezahlt, wurde versichert: "Der Platz wird gratis zur Verfügung gestellt." Lehrpersonal ist übrigens auch nicht anwesend - als sozusagen Aufsichtspersonen fungieren die Lokalbetreiber selbst.
Wiederkehr will sich nun bis Weihnachten einmal anschauen, wie das Angebot angenommen wird. Dann werde man entscheiden, ob und wie die Aktion weitergeführt wird. Das hänge natürlich auch davon ab, ab wann die Gastronomie wieder ihren Normalbetrieb aufnehmen kann.