Gewalt gegen Frauen im Internet

"Wir sind Hass-Opfer"

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Jede 3. Frau wurde schon einmal im Netz attackiert. Meist sind junge oder Promis Opfer.

Wien. Erst belästigt, dann verurteilt. Der Prozess gegen Ex-Politikerin Sigrid Maurer schlägt weiter hohe Wellen. Es melden sich immer mehr bekannte Österreicherinnen, die ebenfalls Opfer von anzüglichen oder beleidigenden Kommentaren im Netz wurden.

So erzählt etwa Silvia Schneider: „Leider gibt es vereinzelt fürchterliche Botschaften.“ Die Moderatorin vermutet dahinter Neid und Selbsthass: „Das ist letztklassig, ekelhaft und dumm.“ Auch ORF-Star  Nadja Bernhard ist mit bösen Kommentaren konfrontiert. Ähnlich Amina Dagi: „Mir wird hin und wieder von Strenggläubigen vorgeworfen, dass ich mich im Bikini zeige.“ Auch Drohungen seien dabei. Sie habe aber beschlossen, „dass diese Leute keinen Einfluss auf mein Leben haben“. 

Opfer junge Frauen und Frauen in Öffentlichkeit

Tatsächlich sind laut einer Studie der Opferschutzorganisation Weißer Ring (1.018 Teilnehmer, 2017) vor allem Frauen betroffen: Jede dritte gab an, schon einmal Opfer von Hass im Netz gewesen zu sein.  Meist trifft es junge Frauen zwischen 15 und 18 Jahren (63 %). Außerdem Frauen, die in der Öffentlichkeit stehen. 

Dass auch Ministerinnen nicht vor untergriffigen Attacken in sozialen Medien gefeit sind, zeigt Elisabeth Köstingers (VP) Facebook-Profil. Dort unterstellen User der frischgebackenen Mutter, „fett“ zu sein. „Euren Hass könnt ihr behalten“, so ihre starke Antwort.

Gesetz. Köstinger fordert ebenso wie VP-Frauenministerin Juliane Bogner-Strauß („Ich habe sehr untergriffige Dinge bekommen, seit ich Politikerin bin“) eine rechtliche Handhabe gegen Hassposter. Denn – das hat der Fall Maurer gezeigt – die gibt es bislang nicht. Weil sie den Verfasser nicht anzeigen konnte, twitterte die Ex-Grüne ja die obszöne Nachricht, wurde wegen übler Nachrede verurteilt (s. links).

Eine Gesetzeslücke ortet auch Irmgard Griss (Neos): Sie regt an, psychische Gewalt als Tatbestand ins Strafgesetzbuch aufzunehmen. Das will nun die Strafrechts-Taskforce von ÖVP-Staatssekretärin ­Karoline Edtstadler prüfen.

Sigrid Maurer: 100.000 Euro gesammelt

Erfolg. Innerhalb von nur 36 Stunden sind für die Initiative gegen Hass im Netz die angepeilten 100.000 Euro zusammengekommen. Ausgelegt war das Crowdfunding eigentlich für ein halbes Jahr. Mit-Initiatorin Maurer zeigte sich „völlig überwältigt von dieser Solidarität“. Jetzt kündigt Maurer ein Folgeprojekt an. Mit dem gesammelten Geld sollen Prozesskosten für Opfer von Hass im Netz abgedeckt werden – u. a. jene von Maurer selbst, sollte sie auch in zweiter Instanz verlieren.

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