Am Montag tagen die SPÖ-Bundesparteigremien, um die Wahlschlappe in Tirol zu analysieren. Für den angeschlagenen Kanzler ein Tag der Entscheidung.
Es wird eng für Kanzler Alfred Gusenbauer. Am Tag nach dem Wahldebakel der SPÖ in Tirol gibt es für seine Kritiker kein Halten mehr: Allen voran poltert der steirische Landeshauptmann Franz Voves immer stärker gegen den Kanzler. Gipfel: Er fordert die sofortige Einberufung eines Parteipräsidiums, um nötige inhaltliche und personelle Konsequenzen aus der Wahlschlappe zu ziehen, hieß es am Montag gegenüber ÖSTERREICH aus dem Büro von Voves. Gleich nach der Wahl hatte sich der Steirer verärgert zu Wort gemeldet: „Der SPÖ laufen die Stammwähler davon.“ In einem Telefonat mit dem Kanzler soll Voves Druck zum schnellen Zusammentreffen der roten Granden gemacht haben. Allerdings: Für Montag ist ohnehin ein Parteivorstand samt Präsidium anberaumt, heißt es aus dem Kanzleramt.
Druck
Erich Haider, SPÖ-Chef in Oberösterreich, verstärkt schon
im Vorfeld dieser Sitzung den Druck auf Gusenbauer und fordert für Montag
von ihm ein klares Bekenntnis, rote Inhalte durchsetzen zu wollen: „Er muss
der ÖVP gegenüber endlich auf den Tisch hauen. Gusenbauer ist dafür gewählt
worden, dass es den Menschen besser und nicht schlechter geht“, so Haider im
ÖSTERREICH-Interview.
Zwickmühle
Damit gerät Gusenbauer in die Doppelmühle
zwischen ÖVP und seiner Partei. Die ÖVP will bei allen inhaltlichen
Positionen hart bleiben. Doch es ist auch klar: Die SPÖ-Granden verzeihen
dem Kanzler seine Umfaller längst nicht mehr. Haider: „Mit Kompromissen
zulasten der Menschen muss Schluss sein.“ Klar ist: Noch bis zum Parteitag
im Oktober soll Gusenbauer von den Landeschefs eine Gnadenfrist bekommen und
sozialdemokratische Inhalte in der Regierung endlich umsetzen – oder das
Feld räumen.
Schmeißt Kanzler alles hin?
Gleichzeitig häufen sich in der
SPÖ die Spekulationen, der Kanzler sei mittlerweile „so sauer über die
ständigen Angriffe aus den eigenen Reihen“, dass er von sich aus vorher das
Feld räumen könnte. Allerdings fehlen ihm dazu Job-Alternativen. Als
Nachfolger käme im Moment wohl nur Verkehrsminister Werner Faymann infrage.
Er gilt für die ÖVP als absolut paktfähig und in der SPÖ als
Sympathieträger.
Dennoch: Gusenbauer käme der ÖVP als Gegner in einem Nationalratswahlkampf gelegener als Faymann, weil er als schwacher Gegner gilt. Und so analysierten ÖVP-Vizekanzler Wilhelm Molterer und Gusenbauer am Montag beim Mittagessen im Bundeskanzleramt zuerst das Tirol-Debakel und suchten gemeinsam Wege aus der Krise – wohl sehr zum Missfallen der mächtigen SPÖ-Landeschefs.