Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.
Wir Österreicher starten mit einer Überdosis Optimismus ins neue Jahr, während um uns die Welt zu beben und zu krachen beginnt. Die Stimmung in Österreich für 2019 ist so gut wie schon lange nicht – über 70 % glauben sogar, es wird uns 2019 besser oder zumindest gleich gut gehen wie im alten 2018 – „Happy New Year“.
Wir alle sehen Österreich offenbar wieder mal als „Insel der Seligen“ – das war schon einmal so, unter Kreisky. 2019 ist „Basti fantasti“ Kurz der Hoffnungsträger, der unserem Land neuen Schwung geben soll.
Tatsächlich ist unsere Regierung im Moment – in puncto Zufriedenheit der Wähler – die zweitbeste in Europa. Nur die Rechts-Koalition in Italien liegt noch besser. Aber rundherum geraten die Regierenden in die Defensive: Angela Merkel ist nur noch „Dead Woman walking“. Auch Frankreichs Hoffnungsträger Macron ist politisch schon mehr tot als lebendig. Und wenn der Brexit brutal wird, wackelt vielleicht die ganze EU – und stürzt Europa in eine neue Wirtschaftskrise.
Schon jetzt beben die Börsen und rutschen immer tiefer ins Minus. „Crazy Donald“ trumpelt wie ein Elefant durch den Porzellanladen der Wirtschaftspolitik. Die Angst vor Börse-Crash und weltweiter Rezession ist wieder da.
Und wir Österreicher? Starten zunächst mal fröhlich mit dem Familien-Bonus ins neue Jahr – für Familien im Schnitt 3.000 Euro plus im Jahr.
Am 10. Jänner will die Regierung bei ihrer Klausur schon die „große“ Steuerreform präsentieren. Mit angeblich 1.000 Euro mehr netto im Jahr für jeden Österreicher. Wirklich?
Kanzler Kurz, der 2018 als „Polit-Star“ durch die Welt jettete, wird sich 2019 mehr ums Inland kümmern müssen. Die Regierung schuldet uns noch viele Wahl-Versprechen:
- Wo ist der Master-Plan Pflege? Wird er wirklich der Meilenstein zur Gesundheitsreform? Die Zusammenlegung der Sozialversicherungen hat bisher außer Getöse gar nix gebracht.
- Wo ist der viel versprochene Start in die neue digitale Ära? Weit und breit ist von Digitalförderung, einem rot-weiß-roten Silicon Valley nix zu sehen.
- Wann kommt endlich die große Schulreform? Wann bekommt endlich (!) jeder Schüler sein iPad, wann gibt es neue digitale Lehrpläne an den Schulen. Bildungsminister Faßmann ist die große Enttäuschung dieser Regierung – außer der absurden Wiedereinführung der Schulnoten war von ihm nix mehr zu hören.
- Wann kommt die Medienreform mit einem modernen ORF ohne GIS-Gebühr, mehr Freiheit für Privatsender, vor allem mit Verbot von Hass im Netz.
- Und vor allem: Wann gibt es wieder mehr Sicherheit im Land? Das ganze Theater um die Flüchtlinge nützt nichts, wenn die Morde, vor allem die Gewalt an Frauen, steigen.
Das sind die großen Fragen, die wir 2019 lösen müssen. Wenn Kurz das alles schafft und gleichzeitig die Wirtschaft ankurbelt, dann sind wir 2019 wirklich eine „Insel der Seligen“.
Dann müssen wir nur hoffen, dass der Brexit nicht so heiß gegessen wird wie gekocht, dass Donald Trump endlich wie ein Zurechnungsfähiger regiert, dass er seine Schnaps-Idee vom Handelskrieg absagt, die Börsen sich wieder erholen, Europa nach der EU-Wahl nicht ins Chaos taumelt.
Ihnen, liebe Leser wünsche ich, dass uns 2019 all diese Schreckens-Szenarien erspart bleiben – und wir alle den Familien-Bonus, unseren Tourismus-Boom und unseren zarten Wirtschafts-Aufschwung genießen können.
Auf ein fröhliches 2019 auf der „Insel der Seligen“ – Sie, liebe Leser, hätten es verdient.