Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.
Der klare Sieger im türkis-grünen Regierungs-Poker heißt Sebastian Kurz. Er hat zunächst alle wichtigen Ministerien abgeräumt und dann im neuen Regierungs-Programm zu fast vier Fünfteln auch noch sein ÖVP-Wahlprogramm verewigt.
Werner Kogler hat bei diesen Koalitions-Verhandlungen sehr stark begonnen, im Finish aber immer stärker nachgelassen. Den Grünen ist – nachdem sie ihr wichtiges Umweltministerium mit allen Macht-Agenden und das Justizressort erkämpft haben, buchstäblich die Luft ausgegangen. Verhandlungs-Profi Kurz hat ihnen – je länger der Marathon gedauert hat – immer mehr Macht-Positionen wegverhandelt: Alle Arbeits-Agenden raus aus dem Sozialministerium und rüber zur ÖVP-Wirtschaft, keine grüne Integrations-Staatssekretärin, sondern eine schwarze ÖVP-Integrations-Ministerin, keine grüne Bildungsministerin, sondern der erzkonservative Heinz Faßmann schreibt Türkis-Blau fort. Am Schluss – als Kurz immer siegessicherer wurde – setzte er der grünen Umweltministerin Gewessler auch noch einen ÖVP-Aufpasser als Staatssekretär ins Umwelt/ Infrastruktur-Ministerium, nahm den Grünen den Staatssekretär im Finanzressort weg und speiste Kogler mit einer Staatssekretärin für Kunst/Kultur (!) ab – eine Absurdität.
Trotzdem muss man anerkennen: Dieses Programm ist eines der besten, das Österreich seit Langem hatte. Viele gute Ideen der ÖVP (Steuerreform, mehr Familienbonus, harte Sicherheitspolitik bis hin zur Abschiebe-Haft) werden kombiniert mit der engagierten Umweltpolitik der Grünen (3-Euro-Öffi-Ticket, Bahn-Ausbau, alternative Energien) und mehr Transparenz im Land. Dafür wurden die Grünen gewählt. Und dass sie das in einer Regierung umsetzen, ist richtig.
Großes Kompliment auch für das Regierungs-Team: Beide Parteien haben ihre besten Köpfe aufgeboten. In dieser Regierung ist keine Schwachstelle zu erkennen – es regiert Kompetenz. Und: Es gibt erstmals eine (junge) Frauen-Mehrheit.
Kurz hat den Poker gewonnen – aber das ist im Sinne der Wähler-Mehrheit. Kogler wird es Samstag bei seinen „Fundis“ nicht leicht haben – aber er hat durch seine Kompromisse eine gute Regierung erst möglich gemacht.