ÖSTERREICH-Umfrage

Schlechtes Zeugnis für unser Schulsystem

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Für 1,2 Millionen Schüler beginnt diese und nächste Woche wieder der Schul-Alltag. Mit ihrer Ausbildung sind sie wenig zufrieden.

64 Prozent der Österreicher sind mit der Schulbildung unzufrieden, nur 36 Prozent der Österreicher bewerten unsere Schulen mit „Sehr Gut“ oder „Gut“. Das ist das Ergebnis einer Gallup-Exklusiv-Umfrage für ÖSTERREICH. Dramatisch: 57 Prozent der Befragten finden im Vergleich zu heute ihre eigene Schulbildung „Sehr gut“ oder „Gut“.

Ein noch schlechteres Zeugnis stellen die Befragten der Bildungsministerin aus: 63 Prozent, also beinahe zwei Drittel der Befragten, würden ihr Kind nicht bei der ehemaligen Lehrerin Elisabeth Gehrer in den Unterricht geben.

Volksschule am besten
Mäßige Noten auch für die Lehrer: Nur gut ein Drittel der Befragten beurteilt die Lehrer in den österreichischen Hauptschulen (HS) mit „Sehr gut“ oder „Gut“. Und nur 44 Prozent sind mit den Lehrern der Allgemeinbildenden Höheren Schulen (AHS) zufrieden (siehe Grafiken rechts). Am besten liegen die Volksschullehrer.

Nächstes PISA nicht besser
Neue Ergebnisse der vergangenen PISA-Studie untermauern diese Aussagen: 4.500 Schüler wurden nach PISA über die Zufriedenheit mit dem Unterricht befragt. PISA-Chef Günter Haider stellt diese Ergebnisse exklusiv ÖSTERREICH zur Verfügung. Das Ergebnis dieser Begleitstudie zu

PISA ’03:
Unglaubliche 80 Prozent der 4.500 befragten Schüler klagen über „Frontalunterricht“ in der Schule. Das heißt, die befragten 15- und 16-jährigen Schüler geben an, „den Lehrern nur beim Lösen von Problemen an der Tafel zuzusehen und selbst nicht aktiv an der Lösung von Aufgaben teilzunehmen.“ Vor allem in Mathematik beklagen die Befragten diesen „Frontalunterricht“, bei dem sie sich viel zu wenig selbst einbringen können. Zur Erinnerung: Im OECD-Ranking liegen österreichische Schüler im Fach Mathematik nur an 32. Stelle, das ist der abgeschlagene letzte Platz in Europa.

PISA-Österreich-Chef Günter Haider zeichnet ein düsteres Bild, was die Bildung der heimischen Schüler betrifft. Er sieht im Gespräch mit ÖSTERREICH keine raschen Verbesserungen auf die Schüler zukommen. Ein besseres Abschneiden bei PISA 2007 - die Tests wurden heuer durchgeführt und werden bis kommenden Herbst ausgewertet - sieht er nicht.

Haider pessimistisch:
„Echte Verbesserungen sind erst nach einer langen Vorlaufzeit möglich“. Momentan kann jeder fünfte Schüler am Ende der neunjährigen Schulzeit nur schlecht lesen und auch nach mehr als 1.500 Mathematikstunden rechnet ein Viertel schlecht. Hochgerechnet sind das 15.000 bis 20.000 Kinder in jedem Schul-Jahrgang. Das Ergebnis: In Österreich gibt es offiziell 300.000 Analphabeten.

Um Bildungsdaten zu verbessern, so Haider, müsste rasch die individuelle Förderung forciert werden: „Die Schwächen entstehen ja nicht erst im Alter von 15 Jahren.“ Eine Frühförderung im Kindergarten- und Vorschulalter sei darum nicht nur bei Migrantenkindern nötig, sondern auch bei österreichischen Kindern beispielsweise mit Sprachdefiziten.

Für Bildungsministerin Elisabeth Gehrer sind die Zahlen der PISA-Tester weniger dramatisch. Im Gespräch mit ÖSTERREICH erklärt sie: „Ich halte diese internationalen Vergleichsstudien für wichtige Rückmeldungen. Wenn man aber fragt, ob die Schüler gerne in die Schule gehen, stehen wir an der Spitze.“

Nein zu Gesamtschule.
Eisern bleibt Gehrer bei ihrem „Nein“ zur Gesamtschule - einem Modell, bei dem alle 6- bis 15-Jährigen eine einheitliche Bildung erhalten. Gehrer: „Wir haben ein gut differenziertes Schulsystem. Ich werde nicht die guten HTLs, die HAKs und die AHS-Oberstufe in ein Modulartiges System zusammenlegen.“ Das sieht PISA-Experte Haider völlig anders: „Dabei kann es sich nur um ein grobes Missverständnis handeln. Bei der Gesamtschule geht es um die Zusammenführung von AHS-Unterstufe und Hauptschule. HAK und HTL sind Erfolgsmodelle, kein Mensch denkt über deren Abschaffung nach.“ Und er setzt scharf nach: „Ich denke, man muss mit einer neuen Regierung einen neuen Anlauf in der Bildungspolitik nehmen.“

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