Estland, im Norden des Baltikums am östlichen Küstenzipfel der Ostsee gelegen, ist ein besonderes Kleinod im Reigen der 27 EU-Mitgliedstaaten.
Was nicht allein mit der bewegten Geschichte und den vielen wechselhaften Fremdherrschaften, die allesamt ihre Spuren in diesem Seen- und Inselreichen Wald- und Hügelland hinterlassen haben, zu tun hat.
Estlands Geschichte ist lang und ereignisreich. Zunächst waren es raubeinige Wikinger und Könige, Grundherren und Kaufleute, die dem Land ihren unverwechselbaren Stempel aufgedrückt haben. In der jüngeren Vergangenheit haben dann Besiedler und Eroberer Estland und seine Inseln - mit so seltsam klingenden Namen wie Saaremaa oder Hiiumaa – geprägt.
Bereits früh lebte und organisierte man sich in Dorfgemeinschaften. Viele dieser traditionellen Dörfer bilden noch heute einen bewohnten ländlichen Raum, in dem wie damals die Verbundenheit zur Natur eng verwurzelt ist.
Wälder als Kraftquelle
Mehr als 50 Prozent der estnischen Landesfläche sind bewaldet, Bäume galten von jeher für die Esten als besondere Kraftquelle. Heute erinnert man sich zwar im modernen baltischen Staat vielleicht nicht mehr an alle heiligen Plätze im tiefen Wald mit Geistern und Trollen.
Aber die Esten lieben ihre Wälder und mystischen Moore nach wie vor. Sie zollen der überwältigenden Natur, dem Wald und allen wunderbaren Wesen, die darin leben – Luchse, Braunbären, Wölfe und Rotwild - größten Respekt.
Wäre es anders, würden die Bäume in Estland im wahrsten Sinne des Wortes nicht in den Himmel wachsen. So wie etwa die höchste Kiefer der Welt, die, mehr als 200 Jahre alt und knapp 50 Meter hoch, im Landkreis Põlva in Süd-Estland zu bewundern ist.
In Rapla steht die 600 Jahre alte dicke Sipa-Opferlinde, in Urvaste die 700 Jahre alte Tamme-Lauri-Eiche, und mit dem Europäischen Baum des Jahres 2015 steht weltweit die einzige Eiche inmitten eines Fußballstadions in Orissaare auf der Insel Saaremaa.
Was ist das Erfolgsgeheimnis von Estland?
Die Esten sind längst im modernen Zeitalter angekommen: seit 2004 ist man EU-Mitglied und hat eine Innovationsdynamik vor allem im digitalen Bereich an den Tag gelegt. Dennoch hält man auch an Traditionen und Werten fest, weil das eine das andere eben nicht ausschließt. Vielleicht ist gerade das das Geheimnis, das sich hinter dem Erfolg des Landes mit gerade einmal 1,3 Mio. Einwohnern verbirgt.
Denn Estland ist nach langen unruhigen Zeiten seit 1991 ein unabhängiger, weltoffener, prosperierender Staat. Online zu wählen und Dokumente zu unterzeichnen oder ein Unternehmen in knapp 30 Minuten digital zu gründen sind in Estland heute so selbstverständlich wie das tägliche Zähneputzen.
Bürokratie, so es diese überhaupt noch gibt, ist auf ein absolutes Minimum reduziert. Bereiche wie das Gesundheitswesen – in Coronazeiten auch in Estland stark beansprucht – oder der Bildungssektor werden transparent und effizient geführt.
Auf Erkundungstour durch Estland
Die meisten Esten sprechen mindestens zwei Sprachen und zählen zu den Europäern mit den besten Englischkenntnissen. Sorgen, dass man sich auf einer Reise durch dieses naturverbundene Innovationsland am Scheitelpunkt von Skandinavien, Mittel- und Osteuropa also nicht verständigen kann, sind unbegründet.
Tauchen Sie ruhig ein in das estnische Selbstverständnis von Geschichte, Tradition und Moderne. Folgen Sie den Spuren der Vergangenheit quer durchs Land und auf den mehr als 2.000 Inseln bis nach Tallinn. Die Hauptstadt Estlands ist die am besten erhaltene mittelalterliche Stadt Nordeuropas.
Sie wurde im Mittelalter zu einem Zentrum der Hanse, wovon die pittoreske Altstadt mit seinen engen Gässchen und den sie überragenden Türmen der Nikolaikirche noch heute, vor allem abends in goldenes Licht getaucht, erzählen können.