Vom Flüchtling zu Olympia-Bronze – Shamil Borchashvili jubelt für Österreich.
Tokio. Judo-Märchen in Rot-Weiß-Rot! Shamil Borchashvili (26) eroberte in der Klasse bis 81 kg sensationell Olympia-Bronze. Der gebürtige Tschetschene war als Neunjähriger mit der Familie nach Österreich geflüchtet. „Ich bin so dankbar. Und so glücklich für Österreich, dass ich die Medaille geholt habe“, jubelte der zu Tränen gerührte Borchashvili, eingewickelt in eine rot-weiß-rote Fahne.
Schrecksekunde im Duell um Bronze ohne Folgen
Der Oberösterreicher gewann vier seiner fünf Kämpfe, besiegte im Bronze-Duell Dominic Ressel (GER), obwohl eine vermeintliche Ippon-Wertung für Borchashvili nach Videostudium revidiert wurde. Schließlich rang Borchashvili Ressel aber zu Boden und fixierte ihn, bis der Sieg feststand. „Es ist ein unglaubliches Gefühl, es war ein toller Tag. Wenn man an sich glaubt, wenn man es träumen kann, dann kann man es auch machen“, sagte der 26-Jährige freudestrahlend. Sein Erfolgsgeheimnis? „Ich war heute mental so stark“, verriet Borchashvili.
Nach der Flucht vor dem tschetschenischen Regime kamen Shamil, seine Eltern und sieben Geschwister zunächst in Traiskirchen unter. Später fanden sie im oberösterreichischen Gallspach ein neues Zuhause. In Wels trat Shamil schließlich dem Judoklub bei. Seit 2017 ist er österreichischer Staatsbürger. Jetzt ist er rot-weiß-roter Nationalheld.
"Wenn man träumen kann ..."
Frage: Warum können Sie dieses Interview erst jetzt geben?
Shamil Borchashvili: Ich hatte keine großen Erfolge bis dato, heute hat’s geklappt. Ich habe keine Worte dafür.
Frage: Was war diesmal anders?
Borchashvili: Die mentale Stärke war das Entscheidende. Ich möchte mich dafür bei meinem kleinen Bruder bedanken. Dieser Junge hat mich gepusht, Tag für Tag. Er gab mir bei jeden Kampf Tipps.
Frage: Vor 4 Jahren wurden Sie eingebürgert …
Borchashvili: Ich bin so glücklich für Österreich, dass ich die Medaille geholt habe. Wenn man an sich glaubt, wenn man es träumen kann, dann kann man es auch machen!
Hinter Judo-Wunder steht eine Frau
Tokio. „Meine Cheftrainerin Yvonne Bönisch hat mich so gut eingestellt“, erklärte unser Judo-Held. „Sie hat gesagt, genieß den Tag, versuch, nicht viel zu denken!“ Bönisch: „Shamil hat alles 1a umgesetzt.“ Seit Jahresbeginn ist die deutsche Olympiasiegerin von 2004 ÖJV-Nationaltrainerin. Vor Olympia-Bronze hatte es schon EM- und WM-Bronze durch Bernadette Graf und Michaela Polleres gesetzt.