Stimmen zum Silber-Triumph

Polleres: 'Ich kann es nicht glauben'

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Michaela Polleres hat am Mittwoch Österreichs zweite Judo-Medaille bei den Olympischen Spielen in Tokio gewonnen. Hier alle Stimmen zum Silber-Triumph ...

Die Niederösterreicherin holte in der Klasse bis 70 kg Silber. Die 24-Jährige musste sich erst im Finale der Japanerin Chizuru Arai geschlagen geben. Am Vortag hatte bereits ihr Teamkollege Shamil Borchashvili in der Kategorie bis 81 kg Bronze erobert. 

Das ÖOC-Team hält nach fünf Wettkampftagen der Tokio-Spiele bereits bei einem kompletten Medaillensatz. Gold hatte am Sonntag sensationell Anna Kiesenhofer im Rad-Straßenrennen geholt.

Nervosität stoppte Polleres nicht

"Ich kann es nicht glauben im Moment, weiß nicht wie ich es in Worte fassen soll. Es ist ein unglaubliches Gefühl", sagte Polleres in einer ersten Reaktion im ORF-Interview. "Am Anfang war ich sehr nervös, das hat sich im Laufe des Tages gelegt. Beim Einzug ins Finale war ich auch nervös, aber ich habe mich richtig aufs Kämpfen gefreut." 

"Judo hat mir schon immer so viel Spaß"

Polleres begann mit acht Jahren mit dem Judosport. "Mit Judo konnte nichts konkurrieren, ich habe ein paarmal versucht, Tennis zu spielen. Bei einer Judovorführung in der Schule dachte ich mir, das schaut cool aus, das probiere ich." Der Start verlief aber etwas holprig, denn Polleres war immer schon eher zurückhaltend. "Ohne meine Eltern wäre nichts gegangen. Mama hat mich regelmäßig hingebracht zum Training. Ich habe einen kleinen Schubs gebraucht, weil ich so schüchtern war. Dann habe ich neue Freunde kennengelernt. Es hat so viel Spaß gemacht, dass ich dabeigeblieben bin."

Ihr Vereinstrainer ist seit vielen Jahren Adi Zeltner. Anfang Jänner wurde der Kreis mit der deutschen 2014-Olympiasiegerin Bönisch erweitert. "Es ist ihre Ruhe, die mich manchmal aus der Ruhe bringt", sagte die ÖJV-Nationaltrainerin über Polleres. Doch diese Ruhe würde ihren Schützling auch auszeichnen. Die Nerven nicht wegzuschmeißen sei sicher kein Nachteil in einem Olympiaturnier, meinte Bönisch. Das zeigte Polleres im altehrwürdigen Budokan von Tokio eindrucksvoll. 

Kurz & Van der Bellen gratulieren

Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz meldete sich auf Twitter mit lobenden Worten: "Herzliche Gratulation an Michaela Polleres zur Silbermedaille im Judo bei den olympischen Spielen!"

 

 

Auch von Bundespräsident Alexander Van der Bellen gab es nach dem Silber-Triumph prompt eine Nachricht an Michaela Polleres: "Herzliche Gratulation an Michaela #Polleres zur Silber Medaille. Ein großartiger und sportlicher Erfolg!"

 

 

 

Erste Worte von Olympia-Heldin Michaela Polleres im Interview:

Frage: Sprechen Sie einmal über Ihre Gefühle, das ist immer das Schönste zu Beginn.

Polleres: "Boah! Die gehen drunter und drüber, ich kann es nicht wirklich beschreiben. Ich bin überglücklich, erleichtert, einfach alles. Ich war schon ein bisschen nervös heute, musste mich zusammenreißen. Aber die Nervösität ist vom Kampf zu Kampf weniger geworden. Der Sieg gegen Matic hat mir viel Selbstvertrauen gegeben und gezeigt, dass ich jeden schlagen kann. Gegen die Van Dijke hatte ich auch ein bisschen Angst. Aber es ist so gut gelaufen für mich, ich bin ganz schön stolz, dass ich so gute Kämpfe abgelegt habe."

Frage: Im Finale im Budokan gegen eine Japanerin zu kämpfen, wie war das?

Polleres: "Ich habe bis zum Schluss gekämpft, ich habe alles gegeben. Bis zu letzten Sekunde. Es hat leider nicht gereicht. Es ist schon Wehmut dabei. Man steht im Finale, sicher will man gewinnen. Aber ich bin trotzdem zufrieden und glücklich mit der Silbermedaille."

Frage: Es hieß im Vorfeld, die Michaela ist so gut in Form, die ist unsere große Chance im Judo. Hat das mehr Druck erzeugt?


Polleres: "Ja, schon. Aber irgendwie hat man eh schon längere Zeit einen Druck. Ich habe das einfach nicht zu nahe an mich rangelassen und bin anscheinend gut damit umgegangen."

Frage: Sie vertrauen auf Nationaltrainerin Yvonne Bönisch und Ihren Heimtrainer Adi Zeltner. Wie hat er aus der Heimat heute noch mitgeholfen?

Polleres: "Yvonne hatte mit ihm Kontakt, sie haben sich abgesprochen, und sie hat mir das Endresultat von dem Ganzen weitergegeben und mit ihr habe ich die Taktik besprochen. Adi sammelt seit Jahren Daten von den Gegnerinnen, wie ich gegen wen schon gekämpft habe."

Frage: Wenn am Tag davor der Teamkollege, Shamil Borchashvili, schon die als Ziel erklärte eine Medaille ins Judo-Lager holt, wie geht man dann schlafen und wacht man auf, wenn man am nächsten Tag dran ist?


Polleres: "Es ist unglaublich, dass Shamil die Medaille geholt hat, es freut mich irrsinnig für ihn. Ich habe mich trotzdem auf meinen Kampf konzentriert und ihn an dem Abend nicht mehr gesehen, weil ich bei der Abwaage war und er sehr, sehr spät erst zurückgekommen ist. Ich habe mich auf meinen Kampf vorbereitet."

Frage: Fühlt es sich so an, wie Sie es sich erhofften? Ist es vergleichbar mit der Emotion bei der WM?

Polleres: "Ich habe mir nicht wirklich was vorgestellt. Aber es ist unbeschreiblich. Eine Olympiamedaille ist eindeutig die größere Medaille, die man gewinnen kann."

Frage: Es gab immer gute Kämpfer, aber derzeit ist Österreichs Judo-Team im Kollektiv stark wie nie. Wo kommt das her?

Polleres: "Weil einfach alles stimmt, der Teamgeist ist da. Es ist sehr viel der Yvonne zu verdanken. Sie hat das Team zusammengeholt. Der Trainer-Sportler-Kontakt ist einfach super, das steigert die Laune und die Zusammengehörigkeit im Team. Besser kann es einfach nicht sein."

Interview: Birgit Egarter/APA mit einem zweiten Kollegen in Tokio
 

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