Experten erwarten, dass Al Gore nach Erhalt des Friedensnobelpreises bei den US-Präsidentenwahlen antreten könnte.
Der Friedensnobelpreis könnte den Ausschlag geben: Bisher hat der ehemalige Vize-Präsident Al Gore sein Interesse an einer neuerlichen Kandidatur für die US-Präsidentschaft immer bestreiten lassen. Er selber äußerte sich am Freitag nicht dazu. Neun Stunden, nachdem er den Friedensnobelpreis erhalten hatte, betonte Gore vor Reportern in Palo Alto die Brisanz des Klimawandels. Es handele sich um die gefährlichste Herausforderung, der sich die Menschheit jemals stellen musste. Er werde sich umgehend wieder an die Arbeit machen, sagte Gore, verließ den Raum und ließ die Journalisten mit ihren Fragen allein. Die wichtigste politische Auszeichnung des Jahres dürfte die Erwartung unter den Wählern der Demokratischen Partei aber noch einmal kräftig schüren. Womöglich bekommt Hillary Clinton, die Frau von Al Gores langjährigem politischen Partner Bill Clinton, eine späte Konkurrenz. Derzeit liegt sie unter den Bewerbern um die demokratische Präsidentschaftskandidatur weit vorne.
Zwei Tage vor der Verleihung des Nobelpreises meldete sich eine Gruppe unter dem Namen "draftgore.com" (etwa: "holt Gore") mit einer ganzseitigen Anzeige in der "New York Times" zu Wort: "Viele gute und engagierte Kandidaten bewerben sich um die demokratische Nominierung", hieß es in dem "Offenen Brief". "Aber keiner von ihnen vereint wie er Erfahrung, Visionen, weltweites Ansehen und politischen Mut."
Das zeigt, wie viel Aufmerksamkeit Gore mit seinem Einsatz im Kampf gegen den Klimawandel und seinem Oscar-gekrönten Dokumentarfilm "Eine unbequeme Wahrheit" erzielt hat. Der Politiker, der einmal als ungeschickter, hölzerner Redner galt, ist zu einer Ikone geworden. Heute sind die Hörsäle in der ganzen Welt voll, wenn er über den Klimawandel oder über Rechte und Pflichte von Managern referiert.
Enge Freunde und Berater glauben nicht, dass der Friedensnobelpreis einen Sinneswandel bei dem 59-Jährigen auslöst und er doch noch in den Ring tritt. "Das letzte Mal, als ich ihn getroffen habe, haben wir kein Wort über Politik verloren", sagte Julia Payne, eine ehemalige Mitarbeiterin.
"Ich glaube nicht, dass er antritt", sagte auch Carter Eskew, der Gore jahrelang als Berater zur Seite stand und ihn immer noch etwa einmal die Woche spricht. "Er hat gesagt, dass er es technisch betrachtet nie ausgeschlossen hat. Aber ich kann sagen, dass er nichts tut und nichts anklingen lässt, was sich in meinem Ohren so anhört, als ob er doch noch antreten wolle." Gores Sprecherin Kalee Kreider ist eindeutig: "Er hat keine Absicht, 2008 für die Präsidentschaft anzutreten."
Das hält seine Anhänger aber nicht davon ab, den Druck so gut es geht zu erhöhen: Peter Ryder aus Iowa ist überzeugt, dass Gore das "Potenzial an politischer Größe" mitbringt, das er bei anderen vermisst. Auch für Jim Tate aus West Virginia ist Al Gore der Mann der Stunde - und die Stunde für Al Gore gekommen.