Die Eisdecke hält Wassermassen, die das Meer um 60 Meter steigen lassen.
Ewig ist das ewige Eis auf lange Sicht mitnichten: Bei extrem hohem CO2-Ausstoß könnte die antarktische Eisdecke komplett abschmelzen. Das schreiben Forscher vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) zusammen mit Kollegen im Fachjournal "Science Advances".
Langfristig
"Über einen Zeitraum von 10.000 Jahren kann die Antarktis eisfrei werden, wenn wir unsere fossilen Ressourcen vollständig verfeuern", sagte Leitautorin Ricarda Winkelmann. Würden alle verfügbaren Vorkommen an Kohle, Öl und Gas verbrannt, wären Kohlenstoffemissionen von rund 10.000 Milliarden Tonnen die Folge.
Nach den Berechnungen würde die Antarktis als Folge über Jahrtausende hinweg Eis verlieren - mit einem durchschnittlichen Anstieg des Meeresspiegels von bis zu drei Metern pro Jahrhundert in den ersten tausend Jahren. In Summe hält das Eis der Antarktis der Studie zufolge Wassermassen, die den Meeresspiegel insgesamt um 58 Meter steigen lassen können.
Meeresspiegel steigt
"Das würde zwar nicht über Nacht geschehen, aber der springende Punkt ist, dass unser heutiges Handeln das Gesicht der Erde, so wie wir sie kennen, noch auf Zehntausende von Jahren verändern kann", sagte Leitautorin Winkelmann. "Wenn wir den stärksten Meeresspiegelanstieg in der Geschichte der menschlichen Zivilisation verhindern wollen, müssen wir Kohle, Gas und Öl in der Erde lassen."
Für die Studie stützen sich die Wissenschafter auf das sogenannte Parallel Ice Sheet Model (PISM), das Entwicklung und Dynamik von Eisschilden simuliert. Dabei berücksichtigen die Forscher auch Eisströme und große schwimmende Eisplatten. Der Einfluss der Erwärmung sowohl der Luft als auch des umgebenden Ozeanwassers wurden in die Simulationen einbezogen - ebenso wie Faktoren, die Schmelzprozesse beschleunigen oder mildern könnten.
Extremfall
Das Ergebnis der Studie sei unter den Extrem-Annahmen durchaus plausibel, sagte Johannes Sutter, der sich am Alfred-Wegener-Institut (AWI) in Bremerhaven mit Eismodellierung beschäftigt. Ähnliche Ergebnisse seien auch bei anderen Modellen zu finden. Allerdings sei es sehr schwierig, so langfristige Vorhersagen wie in der vorliegenden Studie zu treffen.
Das Szenario der Potsdamer Forscher sei "eine durchaus realistische Möglichkeit", sagte Klimaforscher Mojib Latif vom Geomar Helmholtz-Zentrum für Ozeanforschung in Kiel. Auch er bezeichnete solche Langzeitvorhersagen als "höchst unsicher". Er betonte aber: "Das heißt aber nicht, dass man es deswegen einfach vom Tisch wischen kann."
Derzeit trägt die Antarktis laut PIK nur weniger als zehn Prozent zum globalen Meeresspiegelanstieg bei. Andere Faktoren wie die Ausdehnung der sich erwärmenden Ozeane und die schmelzenden Gletscher spielen eine größere Rolle.