Ägypten

Auch Land-Bevölkerung fordert "Change"

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Internet und Sat-TV tragen die Bilder des Protestes in entlegenste Gegenden.

Proteste in Ägypten weiten sich aus, der Ruf nach Wandel wird lauter: Weit entfernt vom Tahrir-Platz in Kairo und jenseits der Stadtgrenzen der Millionen-Metropole fordert auch die Landbevölkerung das Ende des Herrschaftssystems von Hosni Mubarak. Dabei tragen Internet und Satellitenfernsehen die Bilder des Protestes in die entlegensten Gegenden des Landes und stärken damit die Oppositionsbewegung auch in der Provinz.

"Mubarak Zeit geben"
"Die Revolution ist gut", sagt etwa Landwirt Fausi Abdel Wahab, der zusammen mit seiner Frau auf einem Feld im Nildelta nahe der Stadt Tanta steht. Allerdings sollten die Demonstranten der Führung um Mubarak nun auch Zeit für die Umsetzung der versprochenen Reformen lassen. "Wenn der Präsident im Herbst dann wirklich nicht gehen sollte wie versprochen, dann gibt es ja immer noch den Tahrir-Platz. Die Jugend wird nicht sterben, sie kann dann wieder auf die Straße ziehen."

Korruptes System soll weg
Obwohl die Armut besonders in den ländlichen Gebieten groß ist, galt die Bevölkerung dort lange Zeit als Verfechter des Status Quo und damit als Anhänger von Mubarak. Doch dies scheint sich nun zu ändern. "Ich will, dass Mubarak geht. Dieses ganze korrupte System muss weg", sagt der 25-jährige Arbeitslose Mohamed Sabaie vor den Toren von Tanta. Zwei Drittel der ägyptischen Bevölkerung sind unter 30 Jahre alt. Viele von ihnen suchen verzweifelt nach Arbeit.

Weniger als zwei Dollar pro Tag

Etwa 40 Prozent der rund 80 Millionen Ägypter müssen mit weniger als zwei Dollar am Tag auskommen. Es ist diese Perspektivlosigkeit, die als eine der treibenden Kräfte hinter den Protesten gilt - und das nicht nur in Kairo. So zogen in den vergangenen Tagen auch in der vergleichsweise kleinen Stadt Tanta tausende Menschen auf die Straßen und protestierten vor Regierungsgebäuden gegen Mubarak und seine Stellvertreter.

Dieselben Probleme wie im urbanen Raum
"Die von der Jugend vorgebrachten Forderungen drücken die Wünsche alle Ägypter aus, auch der Bauern und der Menschen in den ländlichen Regionen, die unter denselben Problemen leiden wie die Menschen in den Städten", sagt Ägypten-Experte Nabil Abdel Fattah vom Al-Ahram-Zentrum für Politische Wissenschaft. "Die neuen Medien und das Satellitenfernsehen helfen dabei, die Botschaft der Revolution auch aufs Land hinauszutragen."

"Diebe und korrupte Leute"
Für Unmut in der Bevölkerung sorgt dabei auch zunehmend der Eindruck, dass es immer mehr Ägyptern schlecht geht, während sich die politische Klasse immer mehr bereichert. "Dieses System besteht doch nur aus Dieben und korrupten Leuten", sagt der etwa 50-jährige Rafeat Suweilam. "Sie sollen alle verschwinden." 30 Jahre Unterdrückung und Ungerechtigkeit seien genug, findet auch Ahmed Mahmud, der im Norden Ägyptens für eine staatliche Ölgesellschaft arbeitet. Das System müsse sich ändern. "Ich habe gesehen, wie Polizisten Demonstranten verprügeln. Ich habe gesehen, wie sie auf Menschen schießen. Was für eine Regierung ist das, die so etwas macht? Und warum sollten wir eine solche Regierung weiter hinnehmen?"

Sicherheitskräfte am Land

Angesichts der zunehmenden Proteste gehen die Sicherheitskräfte nun auch auf dem Land verstärkt gegen Demonstranten vor. So verlautete am Mittwoch aus Sicherheitskreisen, dass bei Zusammenstößen in einer entlegenen Wüstenprovinz mindestens ein Mensch erschossen worden sei. Zahlreiche weitere Demonstranten hätten Schusswunden erlitten, als die Polizei das Feuer eröffnete.

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