Serbien

Belgrad erneut im Zeichen von Protesten

Studenten auf dem Slavija-Platz, Anhänger von Präsident Vučić bei Literaturabend vor dem Parlament

Wieder einmal steht Belgrad am Samstag im Zeichen eines Protestes und Gegenprotestes. Während Studenten, die die Ausschreibung der vorgezogenen Parlamentswahlen verlangen, zu ihrer Großkundgebung auf dem Slavija-Platz, einem der größten städtischen Plätze, noch unterwegs waren, hat vor dem Parlament bereits ein Literaturabend begonnen.

Dieser wurde allerdings von jenen Studenten organisiert, die seit März in einem Park vor dem Amtssitz von Präsident Aleksandar Vučić campen, um somit mit der Unterstützung der Behörden gegen die Blockade aller staatlichen Universitäten zu protestieren.

Schon in den frühen Nachmittagsstunden waren in Belgrad aus verschiedenen Städten Anhänger der regierenden Serbischen Fortschrittspartei (SNS) mit Bussen eingetroffen, um Präsident Vučić zu unterstützen, wie einige von ihnen gegenüber den Medien erläuterten. Der Literaturabend der SNS-Anhänger begann allerdings schon um 16.00 Uhr, während der Studentenprotest nicht weit davon erst ab 18.00 Uhr stattfand.

Fakultäten bieten Vorlesungen online an

Miloš Pavlović, einer der Studenten, die sich der Universitätsblockade widersetzen, verkündete unterdessen, dass er und seine Kommilitonen eigentlich ihren Sieg feiern würden, da die Universitäten ihre Arbeit wiederaufgenommen hätten. Zum Teil stimmt dies auch. Allerdings finden die Vorlesungen nur online statt, da die Fakultäten weiterhin blockiert sind.

Tatsächlich haben sich die meisten Fakultäten neuerdings zu diesem Schritt entschlossen, nachdem ihre Professoren und sonstiges Personal an den Rand ihrer Existenz gebracht worden waren. Seit Februar bekommen sie aus der Staatskasse nur noch knapp 13 Prozent ihres monatlichen Einkommens ausbezahlt.

Demonstranten fordern Neuwahlen

Den Anlass für die seit November anhaltende Protestwelle in Serbien hatte eigentlich der Einsturz des Bahnhofvordaches in Novi Sad geliefert, bei dem am 1. November 16 Personen ums Leben gekommen waren. Von der regierungskritischen Öffentlichkeit wurde der Unfall auf die grassierende Korruption zurückgeführt.

Die Studenten, die ihre Universitäten seitdem blockieren, hatten ihre ursprüngliche Forderung nach der Rechtsstaatlichkeit vor einigen Wochen durch jene nach Neuwahlen ersetzt. Um die Anreise zur Demonstration nach Belgrad wohl zu erschweren, wurde der Eisenbahnverkehr landesweit schon am Freitag eingestellt. Dieselbe Situation gab es auch Mitte März, als sich bei einer Großkundgebung in Belgrad dann dennoch über 300.000 Menschen versammelten.

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