Lager gespalten

Berlusconi für Regierung Monti

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Verhandlungen für ein neues Kabinett in Rom gestalten sich schwierig.

Der scheidende italienische Ministerpräsident Silvio Berlusconi unterstützt eine Notstandsregierung unter der Führung des ehemaligen EU-Kommissars Mario Monti, doch die Verhandlungen für die Bildung eines neuen Kabinetts in Rom gestalten sich schwieriger als erwartet. Noch unklar ist, welche Gruppierungen dem Übergangskabinett beitreten sollten, das Italien bis zum regulären Ende der Legislaturperiode 2013 regieren und das Land durch die Wogen der akuten Schuldenkrise führen sollte.

Berlusconi-Verzicht
Im Gespräch mit seinen Vertrauensleuten signalisierte Berlusconi seine Bereitschaft, auf seine bisherige Forderung nach sofortigen vorgezogenen Parlamentswahlen zu verzichten, um ein Kabinett Monti zu unterstützen. Das sei die beste Lösung für das Land, das die Wogen der Wirtschaftskrise bewältigen müsse, sagte der Premier, der nach der Verabschiedung eines Reformenpakets mit Wirtschaftsmaßnahmen zurücktreten will. Dies könnte Indiskretionen zufolge schon an diesem Wochenende erfolgen.

Berlusconis Bereitschaft, mit Monti beim Aufbau einer Übergangsregierung zu kooperieren, stößt in seinem Mitte-rechts-Lager auf Widerstand. Die rechtspopulistische Regierungspartei Lega Nord kündigte an, dass sie in die Opposition gehen werde, sollte Monti zum neuen Premier ernannt werden. Die Partei von Umberto Bossi verlangte vorgezogene Parlamentswahlen. "In 45 Tagen kann man zu den Urnen gehen", versicherte Innenminister Roberto Maroni, "Nummer zwei" der Lega. Die föderalistische Gruppierung fürchtet nicht die harten Bänke der Opposition. "Es ist schön, in der Opposition zu sein", meinte Bossi.

Spaltung
Auch Berlusconis Mitte-rechts-Partei "Volk der Freiheit" (PdL) spaltet sich angesichts der Aussicht auf eine Regierung mit der Linken. "Eine Regierung mit der Linken würde Italien nur die Illusion einer politischen und wirtschaftlichen Stabilität geben", sagte Arbeitsminister Maurizio Sacconi, der kein "Technokraten-Kabinett" unterstützen will. Seine Meinung teilen mehrere Spitzenpersönlichkeiten in Berlusconis Lager.

"Unsere Partei ist grundsätzlich für Wahlen, doch wir wollen uns Präsident Giorgio Napolitano nicht in den Weg stellen, der eine Übergangsregierung befürwortet", sagte der Chef der Berlusconi-Partei, Angelino Alfano. Er will das Ende von Napolitanos politischer Konsultationsrunde abwarten, um einen Beschluss hinsichtlich seiner Teilnahme an der Notstandsregierung zu ergreifen.

Streit
Doch nicht nur Berlusconis Mitte-rechts-Allianz, auch die Opposition ist über die neue Regierung zerstritten. Die oppositionelle Mitte-links-Partei "Italien der Werte" (IdV) um Berlusconis Erzrivalen Antonio Di Pietro, kündigte an, dass sie keine Regierung Monti unterstützen werde. "Italien droht die Gefahr einer Regierung unter Kontrolle der Finanz, wir sind dagegen", so ein IdV-Sprecher.

Monti beobachtet mit Sorge die Entwicklungen in seinem schwerverschuldeten Land. "Ich kann nicht leugnen, dass wir eine riesige Arbeit zu leisten haben", sagte Monti bei einer Konferenz in Berlin in Andenken des verstorbenen Ex-EU-Kommissars, Lord Ralf Dahrendorf, am Mittwochabend. Italien müsse stärker auf Wirtschaftswachstum setzen. Wichtig sei die Hindernisse zu beseitigen, die das Wachstum bremsen, kommentierte Monti. Strukturelle Reformen seien in Italien dringend notwendig, um dem Land mehr Wettbewerbsfähigkeit zu sichern.

Monti, der am Mittwoch vom italienischen Präsidenten Giorgio Napolitano zum Senator auf Lebenszeit ernannt wurde, wird an der am Freitagvormittag geplanten Abstimmung über das Maßnahmenpaket mit Wirtschaftsreformen im Senat teilnehmen. Das Paket soll noch bis Ende dieser Woche verabschiedet werden. Danach will der scheidende Premier Silvio Berlusconi das Handtuch werfen, um Raum für eine Übergangsregierung unter Montis Führung zu schaffen.

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Diashow: Das war die Ära Berlusconi

Wie alles begann: Der damals frisch in die Politik eingestiegene Bau- und Medienunternehmer im März 1994 auf einer Wahlkampfveranstaltung seiner damaligen Partei Forza Italia. Wenige Tage später wurde Berlusconi zum ersten Mal italienischer Ministerpräsident.

September 2010: Wilde Gestik während des Atreju '10-Treffens in Rom.

Mai 2008: Silvio Berlusconi auf einer Konferenz des italienischen Einzelhändler-Verbandes Confesercenti.

Dezember 2004: Silvio Berlusconi in Mestre bei Venedig, bevor er auf einer Party seiner damaligen Partei Forza Italia eine Torte anschneidet.

September 2010: Wilde Gestik während des Atreju '10-Treffens in Rom.

Dezember 2007, Flughafen Milano-Malpense: AC-Milan-Präsident Silvio Berlusconi mit dem FIFA-Club-World-Club-Pokal, den sein Verein gewonnen hat.

Dezember 2010, Rom: Silvio Berlusconi bei einer Debatte im Senat, dem Oberhaus des italienischen Parlaments.

Mrärz 2009, Rom: Silvio Berlusconi auf dem Parteitag seiner Bewegung "Volk der Freiheiten" (PdL)

März 2006: Silvio Berlusconi stellt in Neapel sein Programm für die Parlamentswahlen vor.

Dezember 2005: Silvio Berlusconi verlässt den EU-Gipfel in Brüssel. Es dürfte eine lange Nacht gewesen sein.

November 2006, Montecatini Terme: Silvio Berlusconi erleidet bei einer emotionalen Ansprache vor seinen Anhängern auf dem Podium einem Schwächeanfall.

April 2006: Berlusconi bei einer Pressekonferenz in seinem Amtssitz im Palazzo Chigi in Rom.

Februar 2011: Silvio Berlusconi beim Pressefoyer nach der Regierungssitzung im Palazzo Chigi.

Februar 2011: Silvio Berlusconi beim Pressefoyer nach der Regierungssitzung im Palazzo Chigi.

Juni 2008, Vatikan: Silvio Berlusconi und Papst Benedikt XVI. Berlusconi zeigt die Füllfeder, die er vom Oberhaupt der katholischen Kirche als Gastgeschenk bekommen hat.

Juni 2011: Geheime Botschaften an Tourismus-Ministerin Vittoria Brambilla. Berlusconi wurden auch öfters Affären mit Parlamentarierinnen vorgeworfen.

Februar 2007: Berlusconi und die Frauen - eine endlose Geschichte. Hier eine herzliche Begrüßung mit Stefania Craxi bei einem Treffen der "Italienischen Jugend".

April 2008: Silvio Berlusconi tröstet ein Opfer des schweren Erdbebens in L'Aquila.

Mai 2011, Neapel: Silvio Berlusconi und der Popstar Gigi d'Alessio im Duett beim Wahlkampf-Finale für die Regionalwahlen. Sie endeten für Berlusconis Partei mit einer schweren Niederlage.

März 2011: Attentat auf den Premierminister. Ein brutaler Demonstrant hatte Berlusconi eine Metall-Nachbildung des Mailänder Doms ins Gesicht geschleudert.

März 2011: Attentat auf den Premierminister. Ein brutaler Demonstrant hatte Berlusconi eine Metall-Nachbildung des Mailänder Doms ins Gesicht geschleudert.

Juni 2008: Bei dem EU-Gipfel in Brüssel lief offenbar nicht alles nach Plan.

Jänner 2001: Treffen mit CDU-Chefin Angela Merkel vor dem 14. Kongress der Europäischen Volkspartei.

April 2009: Silvio Berlusconi telefoniert bei der Ankunft zur Nato-Festkonferenz in Kehl...

...und lässt seine Gastgeberin Angela Merkel minutenlang auf dem roten Teppich warten. Dem Vernehmen nach soll die deutsche Kanzlerin wegen dieser Unhöflichkeit außer sich vor Wut gewesen sein.

Dezember 2008: Eine willkommene Abwechslung für Berlusconi war die Enthüllung des neuen Logos für den G8-Gipfel in Rom.

Juni 2009: Treffen mit dem mittlerweile gestürzt und getöteten lybischen Diktator Muammar al-Gaddafi. Vor zwei Jahren war politisch zwischen den beiden noch alles in Ordnung.

März 2009, Rom: Silvio Berlusconi scherzt mit Mitgliedern der Ehrengarde der Carabinieri während des Wartens auf die Ankunft von Schwedens König Carl Gustaf XVI.

September 2011: Berlusconi wirkt müde und ausgezehrt bei einer Debatte des italienischen Parlaments.

Februar 2003: Auf Staatsbesuch in Russland. Silvio Berlusconi und Vladimir Putin amüsieren sich prächtig.

Februar 2003: Auf Staatsbesuch in Russland. Silvio Berlusconi und Vladimir Putin amüsieren sich prächtig.

Oktober 2008, Washington: Silvio Berlusconi und US-Präsident George W. Bush bei einem Empfang im Weißen Haus.

April 2009: Auf dem G20-Treffen in London ist zwischen Berlusconi und den Mächtigsten der Welt, US-Präsident Barack Obama (l.) & Russischer Präsident Dmirti Medwedew, alles in Butter.

Juli 2008: US-Präsident Barack Obama und Silvio Berlusconi beim G8-Gipfel in L'Aquila.

Juni 2010: Silvio Berlusconi und US-Präsident Barack Obama auf dem G8-Gipfel in Huntsville, Ontario.

Oktober 2008: Berlusconi sucht Hilfe bei Frankreichs Präsident Nicholas Sarkozy. Die Finanz-Krise war großes Thema der EU-Sitzung in Paris.

Oktober 2008: Bei der Pressekonferenz im Anschluss an einen EU-Gipfel in Brüssel zeigt sich Berlusconi ratlos.

November 2011: Berlusconi spielt gerne den Playboy, auch auf dem wichtigen G20-Treffen in Cannes.

Juni 2011: Senatssitzungen in Rom gehörten zum Polit-Alltag für Silvio Berlusconi.

Februar 2007: Silvio Berlusconi soll eine Rede auf dem Treffen der "Italienischen Jugend" in Mailand halten.

September 2008: Entspannt beim Fußballmatch AC Mailand gegen Inter Mailand.

Juni 2011: Seit langem ist Berlusconi starker Kritik im römischen Senat ausgesetzt.

Zahlreiche Affären begleiteten die Karriere von Silvio Berlusconi. Für besonderes Aufsehen sorgte die unter dem Slogan "Bunga, Bunga" bekannt gewordene angebliche Beziehung zu der blutjungen marokkanischen Tänzerin Ruby Rubacuori ("Die Herzensräuberin"): Seine Ehe zerbrach und die Staatsanwaltschaft klagte ihn an. Hier sind die beiden auf einem Bild des israelischen Künstlers Dodi Reifenberg zu sehen.

Juni 2004: Silvio Berlusconi und seine mittlerweile geschiedene Ehefrau Veronica Lario bei einem Staatsbesuch von George W. Bush in Rom.

Juni 2011, Mailand: Silvio Berlusconi fuchtelt anlässlich eines seiner zahlreichen Gerichtstermine mit Akten.

Februar 2006: Nachdenklich bei einer Parteitagung in Rom.

Juli 2011: Berlusconi auf einer wichtigen Krisensitzung zur Verabschiedungs eines 70 Milliarden Euro-Rettungspakets um Investoren von der Kreditwürdigkeit Italiens zu überzeugen.

12. November 2011: Silvio Berlusconi fährt zu Staatspräsident Giorgio Napolitano, um seinen Rücktritt einzureichen.

12. November 2011: Ein schwer gezeichneter Silvio Berlusconi verlässt den Quirinalspalast in Rom, nachdem er dem Staatsoberhaupt seinen Rücktritt erklärt hat. Damit ist die Ära des längstdienenden Ministerpräsidenten in der Geschichte Italiens zu Ende.

Berlusconi: Hier fährt er zum Parlament

Einer Schlappe entging Berlusconi nur, weil sich die Opposition beim Rechenschaftsbericht zum Haushalt 2010 enthielt.

Nach wie vor kämpft er ums politische Überleben.

Im Parlament: Berlusconi an der Seite seines Koalitionspartners der Lega Nord, Umberto Bossi, der offen zum Widerstand gegen den Premier aufgerufen hat.

In Rom spitzt sich die Lage derzeit dramatisch zu.