Sagen die britischen Abgeordneten am Samstag „No“, gilt der Deal wieder nicht.
Gefeiert wurde am Donnerstag der neue Deal als „historisches Abkommen“. Um 11.35 Uhr verkündeten der scheidende EU-Chef Jean-Claude Juncker und Briten-Premier Boris Johnson gut gelaunt den glänzenden Durchbruch: „Wo ein Wille ist, ist ein Deal – wir haben ihn“, so Juncker. Juncker ist überzeugt davon, dass das Abkommen halten wird: „Es gibt keine Notwendigkeit für irgendeine Art von Verlängerung“, sagte Juncker bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Johnson.
Der Briten-Premier ergänzte: „Let’s get Brexit done. Wir können einen echten Brexit liefern“, meinte er und nannte den Fahrplan: „Großbritannien verlässt am 31.10. die EU. Ich hoffe, den Brexit über die Linie bringen zu können“. Der erste Schritt war gestern um 18.07 Uhr getan: Die EU-Staats- und Regierungschefs billigten den Deal.
Das letzte Wort hat jetzt das britische Parlament, das am Samstag darüber abstimmen wird.
Hohn und Spott für den neuen Austritts-Vertrag
Und Boris Johnson weiß, dass im Parlament die größte Hürde auf ihn wartet. Kaum war der neue Pakt präsentiert, hagelte es heftige Kritik von der Insel. Labour, die größte Oppositionspartei, will am Samstag dagegen stimmen. Ebenso die DUP, der nordirische Koalitionspartner von Johnson.
Zuversicht. Boris Johnson hingegen ist zuversichtlich, dass er für die neue Vereinbarung die Zustimmung des Unterhauses bekommen wird – obwohl das Briten-Parlament bereits drei Mal einen Deal mit Brüssel abgelehnt hat. Johnson kann aber auf Schützenhilfe der 27 verbleibenden EU-Staaten setzen. Sie sollen eine weitere Verlängerung der Brexit-Frist bis ins Jahr 2020 ausschließen. Damit ist das Briten-Parlament bei der Abstimmung am Samstag in einer „Friss-oder-stirb-Situation“, schreibt die Welt. Entweder eine Mehrheit stimmt dem neuen Vertrag zu – oder es gibt am 31. Oktober einen No Deal, den gefürchteten ungeordneten EU-Ausstieg.
Zustimmung von Briten-Parlament nicht sicher
Das britische Parlament wird am Samstag über das zwischen London und Brüssel vereinbarte finale Brexit-Abkommen abstimmen. Das haben die Abgeordneten am Donnerstag in London gebilligt. Es ist die erste Sitzung des Unterhauses an einem Samstag seit 37 Jahren.
Völlig offen ist inzwischen, ob die Abgeordneten diesmal für den Deal stimmen werden. Durch den heftigen Widerstand der nordirischen Partei DUP steht das Abkommen abermals vor dem Scheitern. Auch Labour und andere Parteien wollen gegen den umstrittenen Deal stimmen. Selbst die Mehrheit der Konservativen ist Johnson nicht sicher. Zahlreiche Tory-Abgeordnete stellten sich bereits gegen den Austritts-Pakt. Nigel Farage, der Chef der Brexit-Partei, hält den jetzt ausgehandelten D deal überhaupt für den schlechtesten.
Boris Johnson will sein Land am 31. Oktober aus der Staatengemeinschaft führen. Einen ungeregelten Brexit, also einen Ausstieg ohne Abkommen, darf es aber nicht geben, haben die Briten per Gesetz beschlossen. Johnson müsste somit das Gesetz gegen einen No-Deal-Brexit brechen. Das wird er nicht riskieren. Eine weitere Verschiebung wäre somit die logische Folge.
Neuer Vertrag zwischen EU und London: Lösung im Streit um Nordirland-Frage
- Irland-Grenze. Der „Backstop“ ist vom Tisch, die Grenzfrage zwischen Irland (bleibt in der EU) und Nordirland (scheidet aus) ist geklärt. Derzeit gibt es keine Grenz-Kontrollen zwischen beiden Teilen der irischen Insel. Diese Situation wird beibehalten.
- Zölle. Nordirland bleibt sowohl in einer speziellen Zollpartnerschaft mit der EU als auch in der Zollunion des Königreichs.
- Standards. Nordirland hält sich weiter an EU-Waren- und Umweltstandards.
- Steuern. Eine Vereinbarung regelt die Mehrwertsteuer, um Marktverzerrungen zu vermeiden.
- Einspruch. Die Nordiren können vier Jahre nach Inkrafttreten des Deals abstimmen, wie es weitergeht.
Karl Wendl