Lage eskalliert erneut

Chaos in Türkei: So sicher ist Ihr Urlaub

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Hunderte Verletzte nach Polizei-Attacke in Istanbul.

Eines ist klar: In Istanbul geht es längst nicht mehr um das geplante Einkaufszentrum im Gezi-Park. Das hat die äußerst brutale Gewaltdemonstration der Regierung Erdogan in der Nacht auf Sonntag deutlich gezeigt. Vielmehr heißt die Botschaft von Premier Erdogan jetzt: „Wir sind die Stärkeren und haben keine Skrupel, das zu zeigen.“ Mit Wasserwerfern, Gummigeschossen und viel Tränengas.

Fazit der Angriffe auf Tausende Demonstranten im Park und am Taksim-Platz: vier Tote, Hunderte Verletzte, Dutzende mit schweren Verätzungen durch Tränengas, ein deutsches Mädchen liegt noch im Koma.

Türkei: Großeinsatz gegen Demonstranten



Experte: ,Proteste werden Erdogan nicht bremsen‘

Doch von Beruhigung ist auch nach der offenen Kriegserklärung gegen die eigenen Bürger nicht viel zu spüren. Gestern, Sonntag, wurde der Taksim-Platz großräumig von der Polizei abgesperrt. Die Parole der Regierung: „Wer den Platz betritt, ob als Tourist oder Demonstrant, gilt für uns als Terrorist.“ Die Folgen dieser Machtdemonstration sind nicht abzuschätzen, denn auch die Demonstranten – großteils junge, aufgeklärte Menschen, die für mehr Mitbestimmung eintreten und gegen den autoritären Stil der Regierung – wollen nicht so einfach aufgeben.

Ertugrul Özkök, renommierter Journalist in der Türkei, analysiert für 
ÖSTERREICH: „Erdogan wird seinen politischen Weg fortsetzen, die Proteste bremsen ihn nicht.“
Eine beunruhigende Prognose.

VIDEO: Polizei räumt Gezi-Park

Grün-Politikerin Alev Korun im Interview: "So erlebte ich den Tränengas-Angriff"

ÖSTERREICH: Sie waren selbst im Gezi-Park, als die Polizei die Attacke startete. Wurden Sie verletzt?
Alev Korun: Ja, ich habe selbst Tränengas abbekommen. Mein linkes Auge brennt immer noch, das Brennen im Mund geht aber langsam weg.

ÖSTERREICH:
Wie haben Sie diese Polizei-Aktion erlebt?
Korun: Es ging alles sehr schnell. Die Polizei war plötzlich mit Wasserwerfern da und drängte die Menschen zurück. Gegen so einen Wasserstrahl ist man machtlos, und sie hatten auch noch Tränengas. Wer nicht schnell flüchten konnte, wurde Opfer.

ÖSTERREICH: Kam der Einsatz überraschend?
Korun: In der Härte und Vehemenz schon, aber Erdogan hatte angekündigt, dass der Platz geräumt würde, wenn die Demonstranten nicht gehen. Insofern war man vorbereitet.

ÖSTERREICH: Wie groß ist die Angst der Demonstranten vor der Regierung und der Polizei?
Korun: Die Präsenz im Gezi-Park wird weniger werden, aber das Verlangen nach Mitspracherecht bleibt. Der Prozess geht weiter, die Regierung kann ihn nicht mehr verhindern.

ÖSTERREICH: Was soll die EU tun?
Korun: Sie darf hier nicht wegschauen, die Türkei ist immerhin ein Beitrittskandidat.
B. Haas

Deutsche Grünen-Chefin verletzt

Claudia Roth, die Grün-Chefin Deutschlands, erwischte es bei einem Lokalaugenschein im Gezi-Park besonders schwer. Die 58-jährige Politikerin bekam eine volle Ladung Tränengas samt ätzender Flüssigkeit ab. „Das ist wie im Krieg“, erzählte Roth geschockt. Sie flüchtete in das nahe Divan-Hotel und wurde dort erstversorgt.

So sicher ist Ihr Urlaub

Die Türkei ist eines der beliebtesten Urlaubsländer der Österreicher. Was für Reisende jetzt wichtig ist.

  • Gibt es eine Reisewarnung des Außenministeriums? Nein, die gibt es nicht. Das Außenamt spricht zwar von einer erhöhten Sicherheitsgefährdung, diese gilt aber nicht für die Urlaubsregionen am Mittelmeer.
  • Sind die Urlaubsgebiete am Meer denn wirklich sicher? „Derzeit ist dort von Unruhen nichts zu spüren“, sagt Kathrin Limpel von der TUI. Trotzdem: Größere Menschenansammlungen sollte man auch hier meiden.
  • Was ist, wenn ich nach Istanbul reisen will? Dann sollte man sich in jedem Fall vom Taksim-Platz und der unmittelbaren Umgebung fernhalten.
  • Wie viele Österreicher fahren eigentlich jährlich in die Türkei? Auch heuer werden es wieder 500.000 sein. Die Türkei hat inzwischen Spanien, Italien und Griechenland als beliebtestes Reiseziel abgelöst. „Wir sind wieder sehr gut gebucht“, sagt auch Peter Grossmann von joe24.at

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Türkei-Demo am Stephansplatz

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