Mit 90 Jahren

Chinesischer Systemkritiker Bao Tong gestorben

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Der bekannte chinesische Systemkritiker und gestürzte frühere Spitzenfunktionär Bao Tong ist im Alter von 90 Jahren gestorben.  

Wie seine Familie am Donnerstag in Peking der Deutschen Presse-Agentur berichtete, erlag die frühere rechte Hand des 1989 gestürzten Parteichefs Zhao Ziyang am Vortag einer Lungenembolie. Bao litt auch unter anderen Gesundheitsproblemen. "Ihm war seine Krankheit bewusst, und er war vorbereitet", sagte ein Familienmitglied.

Bao hatte nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung am 4. Juni 1989 sieben Jahre in Haft verbracht. Er war enger Mitarbeiter des reformerischen Parteichefs Zhao, den die Hardliner in der Führung damals wegen seiner Sympathie für die demonstrierenden Studenten aus dem Weg räumten, um das Militär schicken zu können. Während der Parteichef bis zu seinem Tod 2005 unter Hausarrest stand, kam Bao mit einer Haftstrafe davon.

Als Direktor des Büros für Politische Reform des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei war Bao der ranghöchste Parteifunktionär, der wegen seines Widerstands gegen den Militäreinsatz eine Gefängnisstrafe absitzen musste. Nach seiner Haftentlassung entwickelte sich Bao zu einem leidenschaftlichen Kritiker und galt als eine der letzten kritischen Stimmen, die noch in China leben und nicht in Haft sitzen. Er wohnte gleichwohl unter ständiger Überwachung durch Staatssicherheitsbeamte in seinem Apartmenthaus.

"China ist ein rechtloses Land", sagte Bao vor einem Jahr in einem dpa-Interview. Ohne Rechtsstaatlichkeit werde immer "ein Klima der Angst" herrschen. Willkür, Zufall und Missbrauch der Gesetze seien "die Norm". "Niemand weiß, ob sein Handeln gerechtfertigt oder verboten ist", sagte Bao. Die Bürger seien nicht geschützt. Weder einfache Menschen, noch Geschäftsleute oder selbst Parteifunktionäre. "Die Katastrophe kommt vom Himmel."

Die Menschen wüssten nie, wann ihr Handeln plötzlich für gesetzwidrig erklärt werde, sagte Bao. Die Gesetze müssten aber für alle Menschen gelten. "Ohne Gleichheit vor dem Gesetz wird niemand frei von Angst sein." Das Recht müsse die Sicherheit der Bürger garantieren und Missetaten der Regierung beschränken. "Wann immer es ein Problem gibt, haben die Menschen Angst, es anzusprechen, und trauen sich nicht vorzuschlagen, wie dieses Problem gelöst werden kann", so Bao. "Jeder vertuscht und beschönigt es. Das ist das gefährlichste."

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