Warum die Briten mit Zulassung so schnell waren

Corona-Impfstart: Großbritannien trickst EU aus

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Schon kommende Woche wird in Großbritannien geimpft. Aber warum waren die Briten mit der Zulassung so schnell?

Die Nachricht über die Zulassung des Impfstoffs des Unternehmens Biontech und seines Partners Pfizer in Großbritannien hat die Regierung in London als Erfolgsmeldung gefeiert. Doch die Durchführung der Impfungen dürfte sich als echte Herausforderung erweisen. Impfstart ist bereits nächste Woche. Wie Premierminister Boris Johnson ankündigte, sollen zunächst Bewohner von Pflegeheimen, medizinisches Personal, alte und gesundheitlich gefährdete Menschen geimpft werden.

Aber wieso konnte der Impfstoff in Großbritannien so schnell zugelassen werden und in der EU nicht? Dabei spielt die britische Regulierungsbehörde für Arzneimittel und Gesundheitsprodukte (MHRA) eine wichtige Rolle. Sie beobachten den Biontech/Pfizer Impfstoff schon seit Oktober und stehen mit dem Unternehmen in engem Kontakt und Austausch. Sobald Dokumente und Studienergebnisse veröffentlicht wurden, wurde diese begutachtet. Daher wurde schon vor der Beantragung der Zulassung die Daten genau untersucht. Daher war die finale Phase der Zulassung auch nur so kurz.

In der EU sieht dies anders aus. Hier muss zuerst die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) die Zulassung bestätigen. Anschließend muss die EU-Kommission einige Tage lang die Dokumente vorbereiten, ehe diese mit den einzelnen Mitgliedstaaten diskutiert werden können.

Die Lagerung des Impfstoffs ist jedoch kompliziert. Er muss bei minus 70 Grad aufbewahrt werden. Erst nach einer zweiten Impfdosis entfaltet sich die Schutzwirkung des Vakzins. "Es wird unvermeidlich einige Monate dauern, bevor alle, die am meisten gefährdet sind, geschützt sind - lange, kalte Monate", sagte Johnson.

Bereits kommende Woche sollen 800.000 Impfdosen verfügbar sein. Millionen weitere sollen noch vor dem Jahreswechsel folgen. Vom Frühjahr kommenden Jahres an sollen dann weitere Bevölkerungsgruppen immunisiert werden.

Die Impfungen sollen zunächst an 50 Kliniken im Land verabreicht werden, erklärte Simon Stevens vom englischen Gesundheitsdienst NHS (National Health Service). Später sollen Hausarztpraxen hinzukommen. Anfangs seien aber nur Einheiten mit 975 Dosen verfügbar. Sobald ein Weg gefunden sei, die Impfdosen auf sicherem Wege in kleinere Einheiten zu unterteilen, könne mit dem Impfen in Pflegeheimen begonnen werden. Wer zu den für die Impfung vorgesehenen Gruppen gehöre, erhalte eine Benachrichtigung per Post, sagte Stevens.

Der sogenannte mRNA-Impfstoff von Pfizer/Biontech hat nach umfangreichen Testreihen eine Wirksamkeit von rund 95 Prozent, wie die Hersteller mitgeteilt hatten. Das Vakzin funktioniere über alle Altersgruppen und andere demografische Unterschiede hinweg ähnlich gut und zeige praktisch keine ernsten Nebenwirkungen. Bei den Tests wurde der Schutz vor einer Covid-19-Erkrankung untersucht.

Bei einer Pressekonferenz am Mittwochabend lobte Johnson die Arbeit der Impfstoffentwickler. Sie seien dem Virus mit "biologischem Jiu Jitsu" zu Leibe gerückt, sagte der Premier. Wie bei der sanften asiatischen Kampfkunst, bei der die Kraft des Gegners ausgenutzt wird, hätten sie das Virus mit dessen eigener Kraft bekämpft. Der Impfstoff enthält den Bauplan für einen Teil des Erregers.

Insgesamt hat Großbritannien 40 Millionen Dosen des nun zugelassenen Impfstoffs bestellt. Damit können 20 Millionen Menschen geschützt werden, da das Mittel zweimal verabreicht werden muss. Großbritannien hat knapp 67 Millionen Einwohner. Auch für die aussichtsreichen Impfstoffkandidaten des US-Konzerns Moderna sowie der Universität Oxford und des Pharmakonzerns Astrazeneca werden derzeit die Zulassungen geprüft.

 

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