Der deutsche Außenminister Johann Wadephul hat der Türkei einen neuen Anlauf zum Beitritt in die Europäische Union in Aussicht gestellt
"Es ist jetzt an der Zeit, ein neues Kapitel aufzuschlagen", sagte Wadephul bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit dem türkischen Außenminister Hakan Fidan am Freitag in Berlin. Die Türkei habe sich in zahlreichen Feldern "zu einem zentralen Partner" entwickelt, sagte Wadephul unter Verweis auf die Ukraine und Nahost.
Fidan betonte bei der Pressekonferenz laut offizieller Übersetzung: "Die Europäische Union bleibt das strategische Ziel der Türkei, wir werden alle Voraussetzungen entsprechend zu erfüllen suchen." Dass die EU für die Aufnahme von Staaten Kriterien habe, sei kein Problem. "Man muss die Spielregeln einhalten", sagte Fidan. Allerdings gebe es in den Verhandlungen derzeit eine Stagnation, die Kapitel müssten jetzt wieder aufgemacht und die Beziehungen der EU zur Türkei wieder normalisiert werden, forderte er.
Kopenhagen-Kriterien "nicht verhandelbar"
Wadephul sagte, es liege im Interesse Deutschlands, "die Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und der Türkei zu stärken". Die Kopenhagener Kriterien der EU zu Demokratie, Menschenrechten und Rechtsstaatlichkeit seien allerdings "nicht verhandelbar". Die Kriterien blieben "als Voraussetzung verbindlich". Aber wenn die Türkei als NATO-Partner in die EU streben wolle, "dann wird sie in Deutschland einen verlässlichen und freundschaftlichen Partner haben". Es liege jetzt an der Türkei, "zu unterstreichen, dass sie diesen Weg vorangehen will". Aber auch die EU müsse "auf die Türkei zugehen und den Gesprächskanal stärken", mahnte Wadephul.
Die Türkei erhielt bereits 1999 den Status als EU-Beitrittskandidat. Die offiziellen Beitrittsverhandlungen wurden 2005 aufgenommen, liegen aber seit 2018 faktisch auf Eis. Österreich setzt sich seit Jahren dafür ein, sie offiziell abzubrechen, kommt mit dieser Forderung aber bei den EU-Partnern nicht durch. Die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan steht wegen ihres Umgangs mit der Opposition und auch den Medien zunehmend in der Kritik.