In Deutschland findet am Sonntag die mit Spannung erwartete Bundestagswahl statt. Sie entscheidet darüber, wie Europas größte Volkswirtschaft in den kommenden vier Jahren regiert wird.
In Deutschland findet am Sonntag die mit Spannung erwartete Bundestagswahl statt. Sie entscheidet darüber, wie Europas größte Volkswirtschaft in den kommenden vier Jahren regiert wird. 59 Millionen Wahlberechtigte sind zur Stimmabgabe aufgerufen. Die Union mit Kanzlerkandidat Friedrich Merz gilt als Favoritin. Mit ersten Prognosen wird unmittelbar nach Schließung der Wahllokale um 18.00 Uhr gerechnet. Die Wahlbeteiligung an der Urne liegt bis 14.00 Uhr höher als im Jahr 2021.
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Angetreten sind zur Wahl 29 Parteien mit 4.506 Kandidaten. Gewählt werden 630 Abgeordnete. Laut Umfragen dürfte die Union mit dem christdemokratischen Kanzlerkandidaten Merz (CDU) stärkste Kraft werden, gefolgt von der rechtspopulistischen AfD. Dahinter lagen im Mittelfeld zuletzt Sozialdemokraten (SPD) und Grüne. Während die Linke demnach wieder ins Parlament einziehen dürfte, wird für kleine Parteien wie die liberale FDP und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) eine Zitterpartie erwartet.
Wahlbeteiligung an der Urne bis 14.00 Uhr bei 52 Prozent
Der amtierende deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz und der bisherige Oppositionsführer Merz gaben am Sonntagvormittag ihre Stimmen ab. Merz zeigte sich in seinem Wahlkreis im Sauerland zuversichtlich: "Es wird gut", sagte er vor dem Wahllokal. Bei strahlendem Sonnenschein war er in Begleitung seiner Frau Charlotte zu Fuß gekommen. Scholz wählte etwa zur gleichen Zeit in Potsdam. Scholz erschien in Potsdam händchenhaltend mit seiner Ehefrau Britta Ernst zur Stimmabgabe. Am Morgen war der 66-Jährige in Begleitung von Personenschützern noch beim Joggen zu sehen. Scholz' Frau feiert am Wahltag Geburtstag und wird 64 Jahre alt.
Die Beteiligung sei in den Wahllokalen bis 14.00 Uhr bei 52 Prozent gelegen, teilte die Bundeswahlleiterin am Sonntag mit. Bei der letzten Bundestagswahl im September 2021 waren es 36,5 Prozent gewesen. Über die Wahlbeteiligung insgesamt sagt dies jedoch noch wenig aus: Denn 2021 lag der Anteil der Briefwähler über 47 Prozent, bedingt auch durch die Corona-Pandemie. Wie viele Wahlberechtigten ihre Stimme jetzt per Brief abgegeben haben, wird erst Wochen nach dem Wahltag festgestellt werden.
Neuer Bundestag wird nach Reform deutlich schlanker
Der neue Bundestag wird wegen einer Reform deutlich schlanker sein. Die Zahl der Abgeordneten wurde auf 630 begrenzt - mehr als 100 weniger als aktuell. Dafür fallen die sogenannten Überhang- und Ausgleichsmandate weg, die bisher das deutsche Parlament oft stark aufgebläht haben. Nun kommen mit Erststimme gewählte Kandidaten nur noch in den Bundestag, wenn ihre Partei auch genügend Zweitstimmen hat.
Die Wahl wurde um sieben Monate vorgezogen - das gab es bisher nur 1972, 1983 und 2005. Grund ist, dass die "Ampel"-Koalition aus SPD, Grünen und FDP im November zerbrochen war. Regierungschef Scholz schlug nach dem Nein des Bundestages zu seiner Vertrauensfrage vor, das Parlament aufzulösen - was der deutsche Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier dann anordnete.
Der kurze Winterwahlkampf war zuletzt geprägt von der Debatte über eine Begrenzung der Migration, zweites Thema war die schwächelnde Wirtschaft. Dass US-Vizepräsident J.D. Vance und Tech-Milliardär Elon Musk sich zugunsten der AfD äußerten, wurde von anderen Parteien als Einmischung in den Wahlkampf kritisiert. Der neue Bundestag wird sich spätestens 30 Tage nach der Wahl konstituieren.
Regierungsbildung dürfte dauern
Die Regierungsbildung dürfte aber länger dauern. Je nach Wahlausgang könnten zwischen vier und sieben Fraktionen ins Parlament einziehen. Klare Mehrheiten für eines der klassischen politischen Lager in Deutschland - Mitte-Rechts und Mitte-Links - gibt es nicht mehr. Merz strebt eine Zweierkoalition mit SPD oder Grünen an, während CSU-Chef Markus Söder eine Koalition mit den Grünen strikt ablehnt. Die Frage, ob eine Koalition aus zwei Parteien möglich wäre oder nur drei Parteien zusammen eine Mehrheit hätten, hängt maßgeblich vom Abschneiden der kleineren Parteien Linke, BSW und FDP ab.
Nach Schätzungen des Auswärtigen Amtes in Berlin leben zwischen drei und vier Millionen Deutsche im Ausland, davon rund 239.500 in Österreich. Allerdings sind nicht alle wahlberechtigt.