Israelischer Angriff

Die wichtigsten Fakten zum iranischen Atomprogramm

Iran weitet Urananreicherung seit Scheitern des Wiener Abkommens im Jahr 2018 kontinuierlich aus 

Washington/Teheran (APA/Reuters) - Israel hat in der Nacht auf Freitag Ziele im Iran angegriffen. Der Präventivschlag habe militärischen Einrichtungen und Atomanlagen gegolten, teilte das israelische Militär mit. Die USA und Israel wollen erklärtermaßen verhindern, dass der Iran in den Besitz von Atomwaffen gelangt. Die USA verfügen selbst über Atomwaffen.

Auch Israel wird zu den faktischen Atommächten gezählt, hat aber anders als die USA den Atomwaffensperrvertrag nicht unterschrieben. Im Folgenden Fakten zu den wichtigsten Atomanlagen im Iran:

Wo liegen die iranischen Atomanlagen?

Das iranische Atomprogramm erstreckt sich über viele Standorte. Obwohl die Gefahr israelischer Luftangriffe seit Jahrzehnten besteht, sind nur einige der Anlagen unterirdisch angelegt.

 

Hat der Iran ein Atomwaffenprogramm?

Die USA und die Atomaufsichtsbehörde der Vereinten Nationen (IAEA/IAEO) gehen davon aus, dass der Iran über ein koordiniertes, geheimes Atomwaffenprogramm verfügt hat, das er 2003 stoppte. Die Führung in Teheran bestreitet, jemals ein solches Programm gehabt zu haben oder dies zu planen.

Im Gegenzug für die Aufhebung internationaler Sanktionen im Rahmen des Atomabkommens mit sechs Staaten aus dem Jahr 2015 stimmte der Iran Beschränkungen seiner Atomaktivitäten zu. Diese Vereinbarung zwischen dem Iran, den USA, Russland, China, Frankreich, Großbritannien und Deutschland scheiterte jedoch 2018. Damals stiegen die USA unter Trumps erster Präsidentschaft aus dem Abkommen aus und verhängten wieder Sanktionen gegen den Iran. Dieser begann ein Jahr später wie angekündigt damit, gegen die Beschränkungen zu verstoßen - insbesondere bei der Urananreicherung.

Erhöht der Iran seine Urananreicherung?

Ja. Der Iran hat sein Urananreicherungsprogramm nach dem Scheitern des Atomabkommens von 2015 ausgeweitet. Die sogenannte Breakout-Time, die benötigt wird, um genügend waffentaugliches Uran für eine Atombombe zu produzieren, hat sich auf wenige Tage oder etwas mehr als eine Woche verkürzt. Unter dem Abkommen von 2015 betrug die Zeit mindestens ein Jahr. Tatsächlich würde der Bau einer Bombe aus diesem Material aber länger dauern. Wie lange, ist weniger klar und Gegenstand von Debatten.

Der Iran reichert derzeit an zwei Standorten Uran auf eine Reinheit von bis zu 60 Prozent an, das ist nahe an den 90 Prozent, die für Waffen benötigt werden. Theoretisch verfügt der Iran nach einem Maßstab der IAEA über Material, das - falls es weiter angereichert würde - für sechs Bomben reichen würde.

Natanz

Natanz steht im Zentrum des iranischen Anreicherungsprogramms. Der Komplex befindet sich auf einer Ebene zwischen Bergen, außerhalb der den Schiiten heiligen Stadt Ghom und südlich von Teheran. Natanz beherbergt mehrere Anlagen, darunter zwei Anreicherungsanlagen: die riesige unterirdische Brennstoffanreicherungsanlage (Fuel Enrichment Plant, FEP) und die oberirdische Pilotbrennstoffanreicherungsanlage (Pilot Fuel Enrichment Plant, PFEP).

Eine iranische Oppositionsgruppe, die sich im Exil aufhält, erklärte 2002, der Iran errichte heimlich den Komplex Natanz. Dies führte zu einem diplomatischen Patt zwischen dem Westen und dem Iran über dessen Atomabsichten, das bis heute anhält.

Die FEP wurde für die Anreicherung im kommerziellen Maßstab gebaut und bietet Platz für 50.000 Zentrifugen. Derzeit sind dort rund 16.000 Zentrifugen installiert, von denen etwa 13.000 in Betrieb sind und Uran auf eine Reinheit von bis zu fünf Prozent raffinieren.

Diplomaten mit Kenntnissen über Natanz zufolge liegt die FEP etwa drei Stockwerke unter der Erde. Es wird seit langem darüber diskutiert, wie viel Schaden israelische Luftangriffe dort anrichten könnten. An den Zentrifugen der FEP kam es auch auf andere Weise zu Schäden, unter anderem durch eine Explosion und einen Stromausfall im April 2021, die laut dem Iran auf einen Angriff Israels zurückzuführen waren.

Die oberirdische PFEP beherbergt nur mehrere Hundert Zentrifugen, doch der Iran reichert dort Uran auf eine Reinheit von bis zu 60 Prozent an.

Fordo (Fordow)

Auf der gegenüberliegenden Seite von Ghom befindet sich Fordo, eine in einen Berg gegrabene Anreicherungsanlage, die daher wahrscheinlich besser vor möglichen Bombardierungen geschützt ist als die FEP. Das Atomabkommen von 2015 erlaubte dem Iran die Anreicherung in Fordo überhaupt nicht. Dort sind nun rund 2.000 Zentrifugen in Betrieb, die meisten von ihnen moderne IR-6-Maschinen. Bis zu 350 davon reichern bis zu 60 Prozent an.

Die USA, Großbritannien und Frankreich erklärten 2009, der Iran baue Fordo seit Jahren heimlich und habe die IAEA nicht informiert. US-Präsident Barack Obama sagte damals: "Größe und Konfiguration dieser Anlage sind mit einem friedlichen Programm unvereinbar."

Isfahan

Der Iran verfügt am Stadtrand von Isfahan, seiner zweitgrößten Stadt, über ein großes Zentrum für Nukleartechnologie. Es umfasst eine Anlage zur Herstellung von Brennelementen und eine Uranumwandlungsanlage, in der Uran zu Uranhexafluorid verarbeitet werden kann, das in Zentrifugen eingespeist wird.

Diplomaten zufolge lagert der Iran in Isfahan auch angereichertes Uran. In Isfahan gibt es Anlagen zur Herstellung von Uranmetall, ein Verfahren, das besonders relevant für die Verbreitung von Atomwaffen ist, weil es zur Herstellung des Kerns einer Atombombe verwendet werden könnte.

Die IAEA erklärte, in Isfahan gebe es Maschinen zur Herstellung von Zentrifugenteilen und bezeichnete es im Jahr 2022 als "neuen Standort".

Khondab

Der Iran verfügt über einen teilweise fertiggestellten Schwerwasser-Forschungsreaktor, der ursprünglich Arak hieß und heute Khondab genannt wird. Schwerwasserreaktoren bergen ein Risiko für die Verbreitung von Atomwaffen, da sie leicht Plutonium produzieren können, das wie angereichertes Uran zum Bau des Kerns einer Atombombe verwendet werden kann.

Im Rahmen des Abkommens von 2015 wurde der Bau gestoppt, der Reaktorkern entfernt und mit Beton verfüllt, um ihn unbrauchbar zu machen. Der Reaktor sollte umgestaltet werden, "um die Plutoniumproduktion zu minimieren und im Normalbetrieb kein waffentaugliches Plutonium herzustellen". Der Iran hat der IAEA mitgeteilt, dass er plant, den Reaktor 2026 in Betrieb zu nehmen.

Forschungszentrum Teheran

Zu den iranischen Atomforschungsanlagen in der Hauptstadt Teheran gehört ein Forschungsreaktor.

Bushehr

Bushehr ist das einzige noch in Betrieb befindliche Atomkraftwerk des Landes und liegt an der Küste des Persischen Golfes. Dort wird russischer Brennstoff verwendet, den Russland nach Verbrauch zurücknimmt. Dadurch wird das Risiko der Verbreitung von Atomwaffen verringert.

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