Der russische Bericht von dem Vorfall sei „schlichtweg absurd“
Der Kreml wirft der Ukraine wegen des angeblichen versuchten Drohnenangriffs auf eine Residenz von Staatschef Wladimir Putin Terror vor. „Das ist ein terroristischer Akt, der auf einen Abbruch des Gesprächsprozesses zielt“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der staatlichen Nachrichtenagentur Tass zufolge. Er richte sich nicht nur gegen Putin, sondern auch gegen die Friedensbemühungen von US-Präsident Donald Trump, sagte Peskow in Moskau.
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Von dem angeblichen Drohnenangriff auf die Residenz im Waldai-Gebiet zwischen Moskau und St. Petersburg hatte am Montag zunächst Außenminister Sergej Lawrow gesprochen. Putin beklagte sich auch in einem Telefonat mit Trump darüber, der wiederum Kiew Vorhaltungen machte. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj dementierte, dass es einen solchen Angriff gegeben habe. Moskau versuche davon abzulenken, dass es kein Ende des Krieges wolle, sagte er.
Indizien für Lüge
Auch Experten halten den Drohnenangriff für wenig realistisch. „Natürlich könnte ein solcher Angriff passiert sein, wir wissen es nicht. Allerdings ist es wahrscheinlicher, dass es sich hierbei um eine Desinformationsoperation gehandelt hat“, so Russland-Experte Gerhard Mangott gegenüber FOCUS. „Entweder Putin wollte Trump die ‚Heimtücke‘ der ukrainischen Führung einreden und ihn davon überzeugen, oder die Operation dient dazu, russische Angriffe auf Regierungsgebäude in Kiew zu rechtfertigen.“
BBC-Reporter Euan MacDonald legte unterdessen auf X eine Liste von Ungereimtheiten vor.
- Das russische Verteidigungsministerium meldete zunächst nur 18 Drohnen für die gesamte Region Nowgorod – weit weg von Lawrows 91.
- Anwohner berichteten nicht über Aktivitäten der Luftabwehr.
- Es gibt keinerlei Foto- oder Videobeweise für einen Angriff.
- Das Gebiet ist eine GPS-Todeszone - für Drohnen ist die Navigation dort äußerst schwierig.
- Rund um den Waldai–Komplex sind dauerhaft mindestens 12 Pantsir-S1-Luftabwehrsysteme stationiert - ein Angriff auf die Residenz wäre für die Ukraine eine enorme Verschwendung von Ressourcen, mit kaum oder gar keiner Aussicht auf Erfolg.
- Die Ukraine verfügt zwar über die Fähigkeit, die Residenz anzugreifen, hat dies jedoch in nahezu vier Jahren großangelegten Krieges nie getan.
- Ein solcher Angriff würde den eigenen Interessen der Ukraine schaden, da er dem faschistischen Russland einen Vorwand liefern würde, seine Luftangriffe auszuweiten, ukrainische Regierungsgebäude anzugreifen und seine Verhandlungsposition im Friedensprozess weiter zu verhärten.
Peskow: Härtere Haltung Russlands
Peskow bekräftigte, dass Russland wegen des Angriffs in den laufenden Gesprächen eine härtere Haltung einnehmen werde. Es sei aber nicht zielführend, Details dazu zu nennen. Er verneinte, dass Moskau aus Gesprächen aussteigen wolle. „Russland wird natürlich den Gesprächsprozess fortsetzen und den Dialog, vor allem mit den Amerikanern“, sagte er.
Das russische Militär werde eine Antwort auf das ukrainische Vorgehen finden, sagte der Kremlsprecher. Er äußerte sich nicht zur Frage, wo Putin zur Zeit des angeblichen Angriffs in der Nacht auf Montag gewesen sei. Unter den gegenwärtigen Umständen könnten keine öffentlichen Angaben dazu gemacht werden, wo der Präsident sich aufhalte. Es sei nicht nötig, Belege für den Angriff vorzulegen; die russische Luftabwehr habe ihn abgewehrt. Falls es Trümmer abgeschossener Drohnen gebe, sei dafür das Militär zuständig. Die Dementis Selenskyjs und seiner Unterstützer seien sinnlos, sagte Peskow.
Selenskyj hatte die russischen Anschuldigungen als „eine weitere Runde von Lügen“ zurückgewiesen. Diese zielten darauf ab, zusätzliche Angriffe gegen die Ukraine zu rechtfertigen und den Krieg zu verlängern. Der ukrainische Außenminister Andrij Sybiha rief andere Länder auf, nicht auf die russischen Vorwürfe zu reagieren. Russland habe auch einen Tag nach dem angeblichen Angriff keine Beweise vorgelegt, sagte er: „Weil es keine gibt. Keine solche Attacke hat stattgefunden.“