Erdogan

Diktatorvorwürfe zurückgewiesen

Erdogan: "Ich bin auch nur ein Mensch"

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Erstmals nach dem Sieg beim Referendum gab Türkei-Staatschef Erdogan ein Interview.

Weltweit wird Erdogan kritisiert. Er fordert die Einführung der Todesstrafe und lässt Kritiker wegsperren. Jetzt hat er mit 51,4 Prozent das Verfassungsreferendum gewonnen. Der Sieg gibt ihm Allmacht in der Türkei. Im Interview mit Becky Anderson vom US-Sender CNN (oe24TV-Partnersender) präsentierte er sich kuschelweich:

Erdogan: "Ist kein System, das nur mir gehört"

Frage: Sind Sie ein Diktator?

Recep Erdogan: Dieses System gehört nicht Recep Erdogan. Ich bin auch nur ein Mensch. Ich bin sterblich, kann jeden Moment sterben. Ist es möglich, ein politisches System auf einen einzigen sterblichen Mann auszurichten?

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Frage: Aber viele Kritiker sagen, dass die Türkei auf dem Weg in die Diktatur sei.

Erdogan: Seit 14 oder 15 Jahren sagen das die Kritiker oder benutzen diese Phrase. Sie sprechen von etwas, das nicht stattgefunden hat. Für eine Diktatur braucht man nicht unbedingt ein Präsi­dialsystem. Haben wir nicht Abstimmungen und Wahlurnen? Wenn Sie sagen, dass die Wahlurne einen Diktator produziert, dann wäre das eine große Grausamkeit und Ungerechtigkeit gegenüber der Person, die gewählt wird. Gleichzeitig wäre das auch eine Respektlosigkeit gegenüber denjenigen, die an der Urne ihre Wahl treffen. Woher bezieht die Demokratie ihre Macht? Vom Volk. Das nennen wir allgemein Volkswillen.

Frage: Sie haben das Referendum nur mit ganz knappem Vorsprung gewonnen.

Erdogan: Es ist wie im Fußball. Nur das Ergebnis zählt.

Frage: US-Präsident Donald Trump hat Sie angerufen. Wie lief das Gespräch?

Erdogan: Er hat mir zum Ergebnis der Wahl gratuliert. Er hat mir seine Sichtweise über Syrien mitgeteilt, und ich habe ihm gesagt, was ich darüber denke. Wir haben beschlossen, uns bald zu treffen.

Frage: Reden Sie lieber mit einem Politiker wie Trump als mit europäischen Politikern?

Erdogan: Trump sollte man nicht mit den anderen führenden Politikern in Europa vergleichen. Je besser die Beziehung zu Trump , umso besser für alle. Die Art, wie Trump mit den Problemen umgeht, ist vielversprechend und macht uns glücklich. Wir glauben, wir können die Probleme in Syrien gemeinsam lösen.

Frage: Und die EU?

Erdogan: Die EU lässt uns seit 54 Jahren auf einen Beitritt warten. Das ist nicht hinnehmbar. Wir haben hart daran gearbeitet, alle EU-An­forderungen umzusetzen. Die EU hat ihre Versprechen nicht eingehalten. Die EU muss ihre Versprechen einhalten. Wenn sie ihre Versprechen einhält, können wir uns an einen Tisch setzen.

Pilz: "Wahlfälschung bei uns"

Das ÖSTERREICH-Interview mit Grünpolitiker ­Peter Pilz zur Türkeiwahl löste heftige Diskussionen aus. Pilz sprach davon, dass Erdogan-Gegner von der "Erdogan-Stasi" gezielt eingeschüchtert wurden: "Da ist offene Wahl­fälschung mitten in Österreich passiert, und der Innenminister drückt beide Augen zu." Das Innenministerium wies die Kritik umgehend zurück: "Die Vorwürfe entbehren jeder Grundlage."

Strafen für Doppelstaatsbürger

Nach dem umstrittenen Türkei-Referendum will ÖVP-Innenminister Wolfgang Sobotka härter gegen illegale österreichisch-türkische Doppelstaatsbürgerschaften vorgehen. Künftig soll es dafür auch harte Geldstrafen bis zu 5.000 Euro geben, sagte Sobotka am Mittwoch. Ähnlich auch der für die Verfassung zuständige SPÖ-Minister Thomas Drozda. Zu konkreten Vorschlägen könne man aber erst kommen, wenn man wisse, wie viele illegale Doppelstaatsbürgerschaften es überhaupt gibt.

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