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Saudi-Arabien & Co.

Eskalation am Golf: Nachbarn isolieren Katar

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Mittlerweile schloss Saudi-Arabien sogar das Büro des katarischen Senders Al-Jazeera.

In der arabischen Welt kommt es zu einem folgenschweren Zerwürfnis: Wegen des Vorwurfs der Terrorismusunterstützung setzen mehrere mächtige Nahost-Länder den Golfstaat Katar in einer konzertierten Aktion massiv unter Druck. Saudi-Arabien, Ägypten, die Vereinigten Arabischen Emirate und Bahrain gaben am Montag bekannt, ihre diplomatischen Verbindungen zu Katar abzubrechen. Als jüngste Reaktion wurde das Al-Jazeera-Büro in Saudi-Arabien geschlossen. Der größte und bekannteste Sender der arabischen Welt hat seinen Sitz in Doha, Katar.

   Zudem kündigten sie an, alle Verkehrsverbindungen nach Katar einzustellen - und den Luftraum für Flugzeuge des Landes zu schließen. Bürger aus dem Land hätten nun zwei Wochen Zeit, die drei anderen Golfstaaten zu verlassen. Katar wies die Anschuldigungen als Lügen zurück und sprach von einer Kampagne zur Schwächung des Landes. Der saudi-arabische Erzrivale Iran sieht sich als eigentliches Ziel des Vorstoßes und die USA als Strippenzieher. Sowohl die Türkei, Russland als auch Iran riefen die Staaten auf, den Konflikt beizulegen.

   Saudi-Arabien beschuldigt Katar, extremistische Organisationen wie die Muslimbruderschaft, den IS und Al-Kaida zu unterstützen und deren Botschaften zu verbreiten. Der Vorwurf richtet sich offenkundig insbesondere gegen den staatlichen Fernsehsender Al-Jazeera. Saudi-Arabien klagt Katar zudem an, Milizen mit Kontakten zum Erzrivalen Iran zu fördern. Die Kämpfer seien sowohl in der saudi-arabischen Region Katif aktiv, wo sich im Osten des sunnitisch geprägten Landes eine Hochburg der schiitischen Minderheit befindet, als auch in Bahrain.

   Allerdings weist die Regierung Katars die Vorwürfe einer Terrorunterstützung ebenso zurück wie Saudi-Arabien, das selbst auch immer wieder beschuldigt wird, radikal-islamische Gruppen im Ausland zu unterstützen.

   Saudi-Arabien schloss das Land aus der Militärkoalition aus, die in Jemen gegen schiitische Rebellen kämpft. Die Houthi-Rebellen werden vom Iran unterstützt. Auch der Jemen und die Rebellen im Osten Libyens brachen die Beziehungen zu Katar ab.

   Katar drohen nun unmittelbar ökonomische Konsequenzen. Wichtige Fluggesellschaften wie Etihad und Emirates kündigten an, ab Dienstag alle Flüge von und nach Doha auf unbestimmte Zeit auszusetzen. Ägypten schloss den Luftraum für Flugzeuge aus Katar, was das Luftdrehkreuz Doha gefährden könnte, über das auch europäische Passagiere nach Asien fliegen.

   An den Finanzmärkten kam Unruhe auf. Allerdings dementierte die ägyptische Zentralbank, dass es Transaktionen in katarischen Rial untersagt habe. Der Ölpreis legte zu. Die Frage sei nun, ob es zu verstärkten Spannungen zwischen den OPEC-Schwergewichten Saudi-Arabien, Iran und Irak komme, sagte Analyst Virendra Chauhan von der Beratungsfirma Energy Aspects. Katar ist der weltgrößte Exporteur von Flüssigerdgas (LNG). Händler sagten, noch sei es zu früh, um die Auswirkungen des diplomatischen Streits auf die LNG-Lieferungen in der Region abschätzen zu können.

   Die Börse in Katar brach um 7,6 Prozent ein. Sorge bereitete den Anlegern der Aufruf Saudi-Arabiens an internationale Unternehmen, Katar zu meiden. Der Golfstaat hat sich in den vergangenen Jahren an einer Reihe prominenter Großkonzerne in Europa beteiligt. In Deutschland sind Investoren aus dem Mini-Staat unter anderem Großaktionäre bei Volkswagen und der Deutschen Bank.

   Die Ankündigung der arabischen Staaten kommt nur wenige Tage nach dem Besuch von US-Präsident Donald Trump in Saudi-Arabien. Dort hatte er in einer Grundsatzrede vor zahlreichen Staats- und Regierungschefs die islamische Welt zum gemeinsamen Kampf gegen Terrorismus aufgerufen. In deutschen Regierungskreisen wurde danach die Befürchtung geäußert, dass Trumps Versuche, den Iran zu isolieren, zu verschärften Konflikten zwischen Schiiten und Sunniten führen könnten.

   US-Außenminister Rex Tillerson betonte nun, der Streit zwischen den Golf-Alliierten werde den Anti-Terror-Kampf nicht beeinträchtigen. Er rief bei einem Besuch in Sydney die Verbündeten auf, ihre Differenzen beizulegen. In Katar befindet sich ein großer US-Militärstützpunkt.

   Der Iran reagierte mit Kritik. Der Abbruch der diplomatischen Beziehungen werde die Krise im Nahen Osten nicht lösen. "Was nun geschieht, ist ein vorläufiges Ergebnis des Schwertertanzes", erklärte ein ranghoher Mitarbeiter von Präsident Hassan Rouhani. Er spielte damit auf den traditionellen Schwertertanz an, an dem Trump im Rahmen seines Besuchs in Riad teilnahm. Auch deutsche Außenpolitiker sehen die Eskalation als Folge des Trump-Besuches.

   Der Abbruch der diplomatischen Beziehungen und die Unterbrechung der Verkehrsverbindungen bedeuten eine dramatische Eskalation eines bereits seit Längerem schwelenden Streits. Dieser hatte sich an der Unterstützung der Muslimbruderschaft durch Katar entzündet. Bereits 2014 hatten die drei Golfverbündeten für mehrere Monate ihre Botschafter aus Doha abgezogen.

   Bei den prodemokratischen Protesten des sogenannten Arabischen Frühlings im Jahr 2011 hatte der reiche Golfstaat seinen Einfluss dazu genutzt, sich für islamistische Bewegungen in mehreren Staaten einzusetzen. Zuvor hatte sich die Führung in Doha noch über viele Jahre in Konflikten der Region als Mediator präsentiert. Ihr internationales Renommee wird nun durch den diplomatischen Konflikt mit den anderen Golfstaaten gefährdet. Außerdem soll in dem Golfstaat 2022 die Fußball-Weltmeisterschaft ausgetragen werden. Die FIFA teilte am Montag nur mit, man sei in "regulären Kontakten" mit dem Golfstaat.

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