Südkorea

Fährunglück: Präsidentin spricht von Mord

Teilen

Schwere Vorwürfe gegen Kapitän. Sieben Crew-Mitgleider verhaftet.

Die südkoreanische Präsidentin Park Geun-hye hat dem Kapitän der verunglückten Fähre "Sewol" vorgeworfen, sich durch sein Verhalten des "Mordes" schuldig gemacht zu haben. "Die Taten des Kapitäns und einiger Besatzungsmitglieder waren vollkommen unverständlich, inakzeptabel und kamen Mord gleich", sagte Park bei einem Treffen mit Beratern laut ihrem Büro am Montag.

Sieben Crew-Mitglieder verhaftet
Fünf Tage nach dem Untergang der südkoreanischen Fähre "Sewol" sind Medienberichten zufolge vier weitere Besatzungsmitglieder festgenommen worden. Wie die Nachrichtenagentur Yonhap unter Berufung auf die Staatsanwaltschaft berichtete, wurden am Montag drei Offiziere und ein Mechaniker des Schiffs in Polizeigewahrsam genommen.

Am Samstag waren bereits der Kapitän, der Steuermann und die relativ unerfahrene dritte Offizierin festgenommen worden, die zur Zeit des Unglücks das Kommando auf der Brücke hatte. Gegen sie wurde Haftbefehl wegen Vernachlässigung von Dienstpflichten und Verstoßes gegen das Seerecht erlassen. Wie Yonhap berichtete, müssen die nun Festgenommenen mit ähnlichen Vorwürfen rechnen.

Die Fähre war am Mittwochmorgen auf dem Weg zur Insel Jeju mit 476 Menschen an Bord gekentert und später gesunken. Bergungsmannschaften suchen weiter nach vermissten Insassen. Neben Tauchern wurden auch ferngesteuerte Unterwasserfahrzeuge für die Suche in dem Wrack eingesetzt, wie südkoreanische Sender am Montag berichteten.

64 bestätigte Todesopfer
An den beiden vorangegangenen Tagen war es Tauchern erstmals gelungen, ins Innere des Schiffs vorzudringen. Die Zahl der bestätigen Todesopfer erhöhte sich bis zum Vormittag (Ortszeit) auf 64. Fast 238 der 476 Insassen galten weiterhin als vermisst, die meisten von ihnen Schüler. Die Fähre war am Mittwoch vor der Südwestküste Südkoreas gekentert.

Präsidentin Park sagte, es sei zunehmend klar, dass der Kapitän Lee Joon-seok die Evakuierung des sinkenden Schiffes unnötig verzögert und die Passagiere dann "im Stich gelassen" habe, als er das Schiff verließ. "Dies ist vollkommen unvorstellbar, rechtlich wie ethisch", sagte Park. Sie kündigte an, dass das Verhalten aller Beteiligter, angefangen von den Eignern des Schiffs, über die Inspektoren bis hin zur Besatzung, untersucht werde, und die Verantwortlichen vor Gericht gebracht würden.

Funkverkehr veröffentlicht
Lee war am Samstag ebenso wie der Steuermann und die relativ unerfahrene dritte Offizierin festgenommen worden, die zur Zeit des Unglücks das Kommando auf der Brücke hatte. Am Sonntag veröffentlichte Aufzeichnungen des Funkverkehrs zwischen der Fähre und der Schifffahrtskontrolle zeigten, dass zur Zeit des Unglücks auf der Brücke Panik und Chaos herrschte. Die Besatzung zögerte offensichtlich, das Schiff zu evakuieren, als sich dieses gefährlich zur Seite neigte.

"Wir neigen uns. Wir sind kurz davor runter zu gehen", sagte ein nicht identifiziertes Besatzungsmitglied der Fähre laut den Audio-Aufnahmen, "Es neigt sich so sehr, wir können uns kaum bewegen."

An anderer Stelle sagte das Besatzungsmitglied, dass die Sicherheitsanweisungen nicht an die Passagiere durchgegeben werden konnten, da das Lautsprechersystem nicht funktionierte. Der Vertreter der Schifffahrtskontrolle erwiderte, sie sollten dennoch die Passagiere anweisen, ihre Rettungswesten und möglichst viele Lagen Kleidung anzuziehen.

"Werden die Passagiere sofort nach der Evakuierung gerettet werden?", fragte daraufhin das Besatzungsmitglied. "Lassen Sie sie wenigstens einen Rettungsring tragen und lassen Sie sie schwimmen. Jetzt!", drängte der Vertreter.

Evakuierung zu spät angeordnet
Kritiker werfen der Besatzung vor, die Evakuierung des Schiffes zu spät angeordnet zu haben. Demnach hätten womöglich zahlreiche Menschenleben gerettet werden können, wenn die Passagiere bereits angewiesen worden wären, das Schiff zu verlassen, als sich dieses zu neigen begann.
 

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.