Franzosen in Österreich gegen Sarkozy

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Vor allem eine neue Auslands-Steuer erhitzt die Gemüter.

Rund 5.100 der insgesamt 7.000-8.000 in Österreich lebenden französischen Staatsbürger werden bei den Präsidentschaftswahlen in Frankreich am kommenden Sonntag ihre Stimme abgeben dürfen. Während Auslandsfranzosen traditionell eher konservativ wählen, stimmten die in Österreich Ansässigen 2007 mit 58 Prozent klar für die sozialistische Spitzenkandidatin Segolene Royal.

"Ob (Staatspräsident Nicolas) Sarkozy gewinnen wird, weiß ich nicht, in Österreich aber sicher nicht", meint Jean-Pierre Villaescusa. Er bezeichnet sich selbst als "Vertreter Sarkozys in Österreich", ist Mitglied der konservativen Union des Francais de l'Etranger (UFE) und sitzt für diese auch in der Versammlung der Auslandsfranzosen, der Assemblee des Francais de l'Etranger (AFE). Pierre Avedikian von der Association Democratique des Francais a l'Etranger (ADFE), die sich in der Tradition der republikanischen Linken sieht, spricht von einem "stabilen Trend für (den sozialistischen Kandidaten Francois) Hollande", warnt aber gleichzeitig davor, dass - vor allem beim grandiosen Wahlkämpfer Sarkozy - immer etwas passieren könne.

Vereinigung der Auslandsfranzosen
Eine Wahlempfehlung für die Präsidentschaftswahl will aber weder die eine noch die andere Vereinigung von Auslandsfranzosen abgeben: "Als gemeinnütziger Verein dürfen wir das einerseits gar nicht, andererseits gibt es unter unseren Mitgliedern nicht nur Unterstützer für Hollande , sondern auch für Eva Joly von den Grünen oder Jean-Luc Melenchon von der Front de Gauche", erklärt Avedikian. Auch liegt klassische Parteipolitik kaum in der Tradition von UFE und ADFE, die sonst eher Verhandlungen in der Versammlung der Auslandsfranzosen gewohnt sind, die dem französischen Außenministerium untersteht und beratenden Charakter gegenüber dem Parlament hat. Diese sind laut ADFE eher sachlich und nur selten ideologisch, auch wenn sich die in ihr vertretenen Gruppen linken oder rechten Ideologien zugehörig fühlen.

Nach gewissen Anlaufschwierigkeiten haben mittlerweile ohnehin auch die beiden Spitzenkandidaten die Auslandsfranzosen für sich entdeckt: Sarkozy schrieb ihnen einen 32-seitigen Brief, Hollande widmete ihnen eine Ansprache aus London, und auf den Webseiten beider Kandidaten haben sie ihre eigene Rubrik. Die zentralen Themen sind in Österreich freilich ganz andere als in Frankreich: Alles dreht sich um die Frage, ob französische Schulen im Ausland für Franzosen kostenlos sein sollen. Es handelt sich dabei so gut wie immer um Privatschulen, die hohes Schulgeld verlangen - ein Jahr im Wiener Lycee Francais kostet je nach Schulstufe etwa bis zu 7.700 Euro. Diese Kosten übernimmt der französische Staat gegenwärtig nur für die letzten drei Jahre vor der Matura. Sarkozy hat angekündigt, diese Pauschalstipendien schrittweise auf alle Schulstufen ausdehnen zu wollen, Hollande will Stipendien nur für sozial benachteiligte Schüler, dafür jedoch während der gesamten Schulzeit.

Neue Steuer
Auch eine vor kurzem von Sarkozys Partei UMP vorgeschlagene zusätzliche Steuer für französische Staatsbürger im Ausland, die den Differenzbetrag zum in Frankreich fälligen Steuersatz abdecken soll, erhitzt die Gemüter. Gegenwärtig können sich nämlich Franzosen in Österreich aussuchen, in welchem der beiden Staaten sie ihre Steuern zahlen wollen. Unterschrieben hat den Vorschlag über die zusätzliche Steuer der im September 2011 angelobte Staatssekretär für Auslandsfranzosen, Edouard Courtial. Das UMP-Mitglied beteuert heute zwar, dies sei irrtümlich geschehen, bei UFE und ADFE hat er dennoch seine Glaubwürdigkeit verloren. Für sie ist das neu kreierte Staatssekretariat lediglich eine Wahlkampftaktik Sarkozys, an seinen längerfristigen Bestand glauben sie nicht.

Erstmals werden Auslandsfranzosen diese Jahr übrigens nicht nur den Präsidenten, sondern auch ihre eigenen Vertreter in der Assemblee Nationale, dem französischen Abgeordnetenhaus, wählen dürfen. Gemeinsam mit Deutschland und den Staaten Ost- und Südosteuropas ist Österreich Teil des siebenten Wahlkreises (von insgesamt elf). Stattfinden werden die Parlamentswahlen Anfang Juni.

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