Israel veröffentlichte nun ein Angriffs-Video - zur Rechtfertigung. Darauf ist zu sehen, wie die Aktivisten auf der "Marmara" mit Eisenstangen und Stühlen auf die Soldaten losgingen. Ein Israeli wurde auch kurzerhand über Bord geworfen.
Nach dem blutigen Militäreinsatz Israels gegen die Gaza-Hilfsflotte im Mittelmeer sind bisher 629 internationale Aktivisten ins Gefängnis gebracht worden. Sicherheitskräfte haben sie im Verlauf der Nacht in das Gefängnis Beersheva in der Negev-Wüste transportiert. Sie sollen dort verhört werden.
- Festgenommen wurde auch der weltbekannte schwedische Schriftsteller Henning Mankell, der sich ebenfalls an Bord eines der Schiffe mit Hilfsgütern befunden hatte. Mittlerweile ist Mankell auf der Heimreise nach Schweden. Mehr dazu hier.
Israels Militär räumt Fehler ein
Nach dem Tod von
mindestens neun Aktivisten bei der Erstürmung der Gaza-Flotte hat die
israelische Armee Fehler eingeräumt. "Es ist klar, dass die Ausrüstung zum
Auseinandertreiben der Menge mangelhaft war", sagte der Chef der
Streitkräfte, Gabi Ashkenazi, am Dienstag zu Journalisten in Jerusalem. An
dem Vorfall beteiligte leitende Marine-Soldaten deuteten ein Versagen der
Nachrichtendienste an.
Bei der Planung des Einsatzes sei ein solcher Widerstand der Aktivisten nicht erwartet worden, sagte ein ungenannter Leutnant dem Armeeradio. Das Ergebnis habe nicht den Erwartungen entsprochen. Dies sei jedoch hauptsächlich am Verhalten der Aktivisten gelegen. Nach israelischer Darstellung wurden die Soldaten beim Entern der Schiffe angegriffen, was mehrere Aktivisten allerdings bestritten.
Schiffsbesatzung hat angefangen
Israel rechtfertigte am Dienstag
sein Handeln. Die Soldaten wären bei ihrem Eintreffen mit Steinen beworfen
worden, heißt es. Dies untermauert ein Video.
Außerdem wird gezeigt, wie von den Demonstranten Eisenstangen und Stühle als Waffen eingesetzt wurden. Auch ein Molotov-Cocktail flog in Richtung Soldaten. "Wir wollen uns alle aufmachen als Antwort darauf, dass Israels kriminelle Aktionen uns nicht eingeschüchtert, sondern uns entschlossener als je zuvor gemacht haben", sagte Audrey Bomse, Sprecherin der pro-palästinensischen Organisation "Free Gaza", die sich in Larnaka aufhält.
Sie dementierte israelische Angaben, denen zufolge die Aktivisten bewaffneten waren, unter anderem mit Schusswaffen. "Dies sind Zivilisten". sagte Bomse. "Stühle und Schlagstöcke sind nichts im Vergleich zu Gewehren." Bilder der israelischen Armee von der Erstürmung zeigten, wie Soldaten von mehreren Aktivisten mit Schlagstöcken und Stühlen angegriffen wurden.
48 vor der Abschiebung
50 Aktivisten sind zum internationalen
Flughafen Ben Gurion gebracht worden und sollen direkt abgeschoben werden.
30 sind noch in ärztlicher Behandlung. Sie liegen in verschiedenen
Krankenhäusern in Israel. Die meisten von ihnen sind Türken, Passagiere der
unter türkischer Flagge fahrenden "Marmara".
Die Gefangenen teilten sich Zwei- oder Vier-Mann-Zellen. Weil sie zumeist ohne persönliche Gegenstände angekommen seien, habe man sie mit Unterwäsche, Toilettenartikeln sowie mit Flip-Flops versorgt, sagte der Sprecher.
Israel müht sich bei Identifizierung der Toten
Israel hat
nach Angaben von Außenamtssprecher Jigal Palmor erhebliche Schwierigkeiten,
die neun bei der Erstürmung eines internationalen Schiffskonvois im
Mittelmeer Getöteten zu identifizieren. Augenzeugen und Aktivisten seien
nicht bereit gewesen zu helfen, sagte Palmor am Dienstag in Jerusalem. Damit
seien die Nationalitäten der Opfer weiterhin unklar. Unter den neun von
Israel getöteten Gaza-Aktivisten sind nach Angaben der türkischen Regierung
mindestens vier Türken.
Auch bei der geplanten Abschiebung von einigen der mehr als 600 inhaftierten Aktivisten gibt es Palmor zufolge Probleme. Das liege an den fehlenden diplomatischen Beziehungen zu einer Reihe von Ländern.
Neue Schiffe kommen
Unterdessen werden in den kommenden Tagen
zwei weitere Solidaritätsschiffe vor dem Gazastreifen erwartet. Israel
warnte jedoch davor, dass es jedes weitere Hilfsschiff für den Gazastreifen
stoppen werde. "Wir erlauben es Booten nicht, nach Gaza zu fahren, und
die dort entstandene Terroristenbasis zu versorgen, die das Herz Israels
bedroht", sagte der stellvertretende Verteidigungsminister Matan Wilnai
dem staatlichen Rundfunk.
Das irische Schiff "Rachel Corrie" mit etwa zehn Passagieren zeigte Mut und setzte die Reise fort. "Sie hat vorgestern Nacht Malta in Richtung Gaza verlassen und sollte heute in die Nähe von Kreta kommen", sagte Bomse. Das Schiff fahre allerdings sehr langsam. Ein zweites Schiff unter US-Flagge werde noch in Zypern repariert.
Bomse warf Israel Piraterie vor, weil die Schiffe in internationalen Gewässern aufgebracht wurden. Die Soldaten hätten zudem Panik und Verwirrung ausgelöst, weil sie in der Dunkelheit angegriffen hätten. "Dies war als friedlicher Widerstand geplant", sagte sie. "Sie hätten es tagsüber tun sollen. Wenn man mitten in der Nacht aus Hubschraubern abspringt, fordert man Chaos heraus."
Bomse sagte, man habe nicht mit dem Blutvergießen gerechnet. "Ich bedauere, dass es Gewalt gab, aber Israel hat angefangen", meinte die Sprecherin. "Es gibt keine Entschuldigung dafür, dass man weiter schießt. Wenn man auf Zivilisten schießt, dann auf die Beine. Warum sind so viele Menschen getötet worden?"
Israel handelte aus "Notwehr"
Israelische Soldaten
hatten am Montag sechs Schiffe der "Solidaritätsflotte"
aufgebracht und dabei neun Aktivisten getötet und Dutzende verletzt. Die
israelische Armee veröffentlichte Videobilder, die beweisen sollen, dass die
Soldaten auf der "Marmara" angegriffen wurden. Es sind darauf
Menschen zu sehen, die mit Stangen wütend auf die Soldaten einschlagen.
Einer der Soldaten wird kopfüber von einem der oberen Decks auf ein unteres
Deck geworfen. Insgesamt wurden bei der Aktion fünf israelische Soldaten
verletzt. Sie berichteten, in Notwehr gehandelt zu haben. Die Organisatoren
der Hilfsflotte wiesen das zurück.
UNO verurteilt Tod von Zivilisten
Der UNO-Sicherheitsrat hat in
der Früh die Gewalttätigkeiten verurteilt. Das mächtigste Gremium der
Vereinten Nationen erklärte nach zehnstündigen Beratungen in New York, es
verurteile die Handlungen, die zum Tod von Zivilisten geführt hätten.
Zugleich forderte der Rat die sofortige Freigabe der von Israel
aufgebrachten Schiffe und die Freilassung festgenommener Zivilpersonen.
Außerdem verlangte der UNO-Sicherheitsrat eine sofortige, unparteiische,
glaubwürdige und transparente Untersuchung des Zwischenfalls.