Wer ersetzt unsere Blauhelme?

Golan: Abzug dauert 4 Wochen

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Mit dem Blauhelm-Abzug vom Golan wackelt die gesamte UN-Mission. Russland will aushelfen. Und: Es gibt erste Kritik am Rückzug.

Österreichs Entscheidung, die Blauhelme vom Golan abzuziehen, sorgt international für gehörigen Wirbel. Denn die UN-Mission auf dem Golan – neben Österreich sitzen ja derzeit vor allem philippinische Soldaten in der Pufferzone zwischen Israel und Syrien – ist in höchster Gefahr. Der UN-Sicherheitsrat wollte noch am Freitagabend in einer Sondersitzung über die Zukunft der UNDOF-Mission beraten.

UNO lehnte Russlands Angebot für Golan-Truppe ab
Zwar hat Russlands Wladimir Putin prompt angeboten, anstelle der österreichischen Blauhelme seinerseits Truppen zu schicken. Doch die UNO hat am Freitag die Stationierung russischer Blauhelme abgelehnt, steht doch Russland zu Noch-Präsidenten Assad – und ist deshalb selbst Partei in dem Konflikt. Der Abzug des Bundesheeres wird zwar von allen Parteien begrüßt – Israel ist aber verstimmt: „Wenn es gefährlich wird und ihre Soldaten bleiben nicht vor Ort, ist es ein schlechtes Zeichen für das Bemühen um den Frieden,“ so Israels Botschafter in Wien, Aviv Shir-On. Auch der pensionierte Sektionschef im Verteidigungsministerium, Erich Reiter, spricht offen von einer feigen Entscheidung: „Wenn ein anderes Land nun einspringt, sind wir blamiert.“

Austro-Syrer in Aleppo wieder frei
Doch Verteidigungsminister Gerald Klug bleibt dabei: Österreich werde den Rückzug in zwei bis vier Wochen abgeschlossen haben. Der Militärexperte Gerald Karner – selbst früher hoher Bundesheer-Offizier – rechnet damit, dass der Rückzug über israelisches Gebiet stattfindet. Feige sei das keineswegs (s. Interview).

Indes gibt es auch gute Nachrichten aus Syrien: Jamal Orabi, jener Syrer österreichischer Herkunft, der im Dezember festgenommen wurde, ist offenbar wieder frei.

Militärexperte Karner: Rückzug ist nicht feige

ÖSTERREICH: Wie läuft so ein Abzug üblicherweise ab?
Gerald Karner: Eigentlich ganz normal und unspektakulär: Die Soldaten werden – wohl über israelisches Gebiet – weggebracht und zwar mit Bedeckung. Das heißt, dass bewaffnete Kräfte den Rückzug absichern. Das dauert mehrere Wochen – bis zum Ende bleibt eine kleine Truppe, die mit ihrem Gerät als Letztes abzieht.

ÖSTERREICH: Es gibt Kritik, wobei durchklingt, dass der Rückzug nur aus Angst vor Wahlen stattfindet.
Karner: Ich verstehe die Kritik nicht. Das UN-Mandat umfasst Peacekeeping in dem Sinn, dass die Truppen die Lage beobachten und ans UN-Hauptquartier melden. Dass Soldaten mit Sturmgewehren die Pufferzone absichern, ist unmöglich.

Israels Botschafter in Wien: "Schlechtes Zeichen für den Frieden"

ÖSTERREICH: Was bedeutet der Abzug für die Region?

Aviv Shir-On: Das ist ein schlechtes Zeichen. Die Blauhelme werden stationiert, um Krisen und Eskalationen zu vermeiden. Wenn es brenzlig wird und sie weggehen, ist das ein schlechtes Zeichen.

ÖSTERREICH: Das heißt, die Truppen haben versagt?
Shir-On: Wir wissen die professionelle Arbeit der Soldaten zu schätzen. Diese Entscheidung ist politisch und eigentlich verständlich. Aber wir glauben, dass gerade in Krisengebieten der Einsatz auch unter Gefahr stattfindet.

ÖSTERREICH: Aber wo bleibt die Friedensmission, wenn Nationen abziehen?
Shir-On: Das ist die Entscheidung jeder Regierung. Wir glauben, dass Soldaten bleiben sollten, auch wenn es brenzlig wird. Das zeigt das Pro­blem Israels: Wir haben nicht den Luxus, wegzugehen. Wir müssen bleiben und kämpfen um unser Überleben.

ÖSTERREICH: Kann die Lage nun leichter eskalieren?
Shir-On: Kann sie schon. Israel hat sich auch in der Vergangenheit nicht nur auf die UNO verlassen. Wir werden uns auch in Zukunft schützen können.

ÖSTERREICH: Was wenn alle Nationen ihre Blauhelme abziehen?

Shir-On: Die UNO wurde gegründet, um Frieden zu stiften und erhalten. Wenn es gefährlich wird und ihre Soldaten bleiben nicht vor Ort, ist es kein gutes Zeichen für das Bemühen um den Frieden.

(gü/pom)

Minister Klug auf der Golanhöhe


 
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