Frankreich-Wahl

Hollande-Lager laut Hochrechnungen vorne

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 PS, Grüne und Front de Gauche gemeinsam mindestens 42 Prozent.

Das linke Lager hat die erste Runde der Parlamentswahl in Frankreich klar gewonnen: Die Sozialisten von Präsident Francois Hollande legten laut Hochrechnungen auf rund 35 Prozent zu und könnten zusammen mit ihren Verbündeten möglicherweise die absolute Mehrheit erlangen. Die konservative UMP und ihre Verbündeten fielen auf zusammen rund 35 Prozent zurück, die rechtsextreme Front National lag bei gut 13 Prozent. Die Chefin der Sozialisten (PS), Martine Aubry, zeigte sich angesichts des Ergebnisses erfreut: "Die Franzosen haben dem Wechsel, den Präsident Francois Hollande versprochen hat, ihre Unterstützung gegeben", sagte sie dem Fernsehsender "France 2".

Mit dem Ergebnis kann Hollande mit einer Unterstützung im Parlament für seine Reformpolitik rechnen. Nach den Berechnungen mehrerer Institute kämen die Sozialisten zusammen mit ihren Verbündeten, darunter die Grünen (Europe Ecologie Les Verts), auf 287 bis 347 Sitze in der Nationalversammlung. Die Linksfront, die kein Bündnis mit den Sozialisten einging, dürfte bei 13 bis 20 Sitzen landen. Die absolute Mehrheit liegt bei 289 Sitzen. Sollte dieses Ergebnis bei der zweiten Wahlrunde am kommenden Sonntag bestätigt werden, dann hätten die Linken in der Fünften Republik erstmals im Parlament und im Senat die Mehrheit.

Die UMP sahen die Institute bei 210 bis 270 Sitzen. Mangels geeigneter Koalitionspartner droht ihr nun aber die Oppositionsbank. Die konservative Partei, die nicht mehr stärkste Fraktion in der neuen Nationalversammlung ist, wertete das Ergebnis als Schlappe für Hollande. "Sein Projekt weckt kein Verlangen", sagte der frühere Regierungschef Francois Fillon. "Es gab keinen roten Triumphzug." UMP-Chef Jean-Francois Cope betonte, dass seine Partei mit etwa 35 Prozent der Stimmen noch immer die stärkste Einzelpartei im Lande sei. "Noch ist nichts entschieden", gab sich der Altminister am Sonntag im Gespräch mit dem Fernsehsender "France 2" zuversichtlich. Erneut versicherte er, dass es für die zweite Runde in einer Woche keine Bündnisse mit den Rechtsextremen geben werde.

Die rechtsextreme Front National dürfte aufgrund des Wahlrechts, das kleine Parteien benachteiligt, höchstens drei Sitze erringen. FN-Sprecher Florian Philippot freute sich dennoch über ein "sehr gutes Ergebnis" und sprach von einer "wirklichen Dynamik", die dadurch entstehe.

Ersten Hochrechnungen zufolge kommen die Grünen auf 12 bis 16 Sitze. Über das Ergebnis zeigte sich die Parteichefin und Wohnbauministerin Cecile Duflot "ziemlich glücklich". Es bedeute einen "entscheidenden Fortschritt" ihrer Partei, sagte sie dem Fernsehsender TF1.

Hollande hatte die Franzosen vor dem Urnengang aufgerufen, ihm eine "breite, solide Mehrheit" im Parlament für seine Reformpolitik zu geben. Die Wahlbeteiligung lag jedoch unter 60 Prozent und war damit so niedrig wie noch nie zuvor in der Fünften Republik. Die Entscheidung über die endgültige Zusammensetzung der neuen Nationalversammlung mit ihren 577 Abgeordneten fällt in einer Woche. Dann wird in den Wahlkreisen noch einmal gewählt, in denen keiner der Kandidaten die absolute Mehrheit schaffte. Für einen Einzug in die zweite Runde sind mindestens 12,5 Prozent der Stimmen im ersten Durchgang nötig. Gewählt ist am kommenden Sonntag (17. Juni) dann der Kandidat mit den meisten Stimmen.

Von den Ministern der neuen sozialistischen Regierung, die noch nicht einmal einen Monat im Amt ist, schaffte Außenminister Laurent Fabius gleich in der ersten Runde den Einzug ins Parlament. Finanzminister Pierre Moscovici muss dagegen in die Stichwahl. Premierminister Jean-Marc Ayrault, der es selbst auch im ersten Durchgang ins Parlament schaffte, hatte vor der Wahl deutlich gemacht, dass alle Minister aus der Regierung ausscheiden müssen, die ihr Abgeordnetenmandat verfehlen.

Jean-Luc Melenchon, der bei der jüngsten Präsidentenwahl in Frankreich für eine große Überraschung sorgte, erlebte im ersten Durchgang der Parlamentswahlen ein Debakel. Der Leader der "Linksfront" schaffte in den nordfranzösischen Stadt Beaumont-Henin nach eigenen Angaben den Sprung in die Stichwahl nicht. Demnach werden Marine Le Pen und der Sozialist Philippe Kermel (PS) gegeneinander antreten.

Sollte es wie erwartet eine neue Mehrheit in der Nationalversammlung geben, könnte die französische Linke nahezu ungehindert die Politik der zweitgrößten EU-Volkswirtschaft bestimmen. Es wäre zudem das erste Mal, dass in Frankreich eine linke Partei den Präsidenten stellt und zugleich die Mehrheit in beiden Parlamentskammern hat. Im Senat hat die französische Linke bereits seit dem vergangenen Jahr eine Mehrheit. Hollande will unter anderem eine umfassende Steuerreform einleiten, bei der Spitzenverdiener und Finanzinstitute deutlich stärker belastet werden sollen. Weitere Projekte sind die Einführung der Homo-Ehe und Änderungen an der Pensionsgesetzgebung.
 

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