USA fordern Freilassung - EU-Parlament und Amnesty besorgt.
Der Kreml-Kritiker Alexej Nawalny und fast tausend seiner Anhänger sind am Montag bei Protesten gegen Russlands Staatschef Wladimir Putin festgenommen worden. Nawalny hatte zu landesweiten Protesten gegen Korruption und Behördenwillkür aufgerufen. Die USA forderten die unverzügliche Freilassung der Aktivisten, auch das EU-Parlament und Amnesty International zeigten sich besorgt.
Nawalny wurde noch vor Beginn der Demonstration am nationalen Unabhängigkeitstag in Moskau festgesetzt, wie seine Ehefrau Julia mitteilte. Nawalnys Anwalt sagte, seinem Mandanten drohe eine 30-tägige Haftstrafe wegen des Verstoßes gegen Versammlungsauflagen. Er wurde am Montagabend einem Richter vorgeführt.
In Moskau wurden zudem mindestens 770 weitere Menschen festgenommen, wie die der Opposition nahestehende Nichtregierungsorganisation OVD Info berichtete. In Sankt Petersburg gab es demnach mindestens 200 Festnahmen. Die Demonstranten riefen "Russland ohne Putin", die Polizei ging mit Schlagstöcken gegen sie vor.
Im sibirischen Nowosibirsk protestierten nach Angaben örtlicher Medien rund 3.000 Menschen gegen Korruption, weitere Demonstrationen gab es in zahlreichen anderen Städten. Auch in Provinzstädten wie Wladiwostok, Norilsk, Kaliningrad und Sotschi gab es mehr als 100 Festnahmen.
Weißes Haus entsetzt
Das Weiße Haus reagierte auf die Massen-Festnahmen in Russland mit scharfer Kritik. Der Sprecher des Weißen Hauses, Sean Spicer, rief die russischen Behörden auf, "alle friedlichen Demonstranten unverzüglich freizulassen". Die Bürger Russlands verdienten eine Regierung, die "ihnen die Möglichkeit gebe, ihre Rechte ohne Furcht oder Zwang auszuüben", fügte Spicer hinzu.
Auch das Europaparlament und Amnesty International verurteilten die Festnahmen. EU-Parlamentspräsident Antonio Tajani äußerte sich "besorgt" über die Inhaftierung Nawalnys. Amnesty sprach von "alarmierenden Szenen" und kritisierte die Gewalt gegen Demonstranten.
Der 41-jährige Nawalny will im kommenden Jahr als Präsidentschaftskandidat antreten. Mittels einer Online-Kampagne ist es ihm gelungen, eine neue Generation von Regierungskritikern auf die Straße zu bringen. Die Proteste am 12. Juni fielen auf einen Feiertag. An diesem Tag wird an Russlands Unabhängigkeitserklärung von 1990 vor dem Ende der Sowjetunion erinnert.
Zu Protesten aufgerufen
Nawalny hatte zu den Protesten gegen die Korruption aufgerufen, nachdem er einen Film veröffentlicht hatte, in dem Ministerpräsident Dmitri Medwedew vorgeworfen wird, ein riesiges Vermögen durch ein Netzwerk an Stiftungen zu kontrollieren. Nach längerem Schweigen wies Medwedew den Vorwurf später als "Quatsch" zurück.
Ende März hatte Nawalny bereits die größten Proteste seit Jahren organisiert. Hunderte Menschen wurden festgenommen, darunter auch Nawalny selbst. In einem Schnellverfahren wurde er zu 15 Tagen Haft und umgerechnet 325 Euro Strafe verurteilt.
Der bekannte Blogger Nawalny prangert seit Jahren Korruption in Russland an. Anfang Februar wurde er in einem neu aufgerollten Prozess abermals zu fünf Jahren Haft auf Bewährung wegen Veruntreuung verurteilt. Er kündigte daraufhin an, trotzdem bei der für März 2018 geplanten Präsidentschaftswahl gegen Amtsinhaber Putin anzutreten.