Neo-Premier

Italiens Senat spricht Renzi Vertrauen aus

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Renzi fordert Mut zu radikalen Entscheidungen und kündigt einen sofortigen Wandel an.

Italiens neuer Premier Matteo Renzi hat vom Senat grünes Licht für seine radikalen Reformpläne bekommen. Die Parlamentskammer sprach dem 39-Jährigen in der Nacht auf Dienstag in einer Vertrauensabstimmung ihre Unterstützung aus. 169 der insgesamt 320 Senatoren stimmten mit Ja, dagegen standen 139 Nein-Voten. Am Dienstag folgt das als problemlos geltende Vertrauensvotum im Abgeordnetenhaus.

Zuvor hatte Renzi in seiner Regierungserklärung fast zwei Stunden lang um das Vertrauen der Parlamentarier geworben. Er forderte Mut zu radikalen Entscheidungen und kündigte einen sofortigen Wandel an. Zudem legte er ein klares Bekenntnis zu Europa ab: "Die proeuropäische Tradition repräsentiert das Beste von Italien und ist seine Sicherheit, eine Zukunft zu haben." Dabei müsse allen klar sein, dass die Europäische Union nicht die böse "Stiefmutter" Italiens sei.

   Zwei Tage nach der Vereidigung seines Kabinetts hat Renzi damit ohne Schwierigkeiten eine weitere wichtige Hürde genommen. Übersteht er auch das als problemlos geltende Vertrauensvotum im Abgeordnetenhaus am Dienstag, kann er damit beginnen, seinen angekündigten konsequenten Reformkurs in die Tat umzusetzen.

   "Es sind nicht Angela Merkel und Mario Draghi oder die EU, die von uns verlangen, unsere öffentlichen Finanzen in Ordnung zu bringen", sagte Renzi mit Blick auf die Bundeskanzlerin und den Präsidenten der Europäischen Zentralbank. "Wir müssen es tun aus Respekt gegenüber unseren Kindern, aus Respekt gegenüber denen, die nach uns kommen." Italiens Schuldenstand beläuft sich inzwischen auf 130 Prozent der Wirtschaftsleistung. Nach Renzis einstündiger Rede war bis zum Börsenschluss prompt ein Kursanstieg von 0,42 Prozent zu verzeichnen.

   Der sozialdemokratische Regierungschef betonte, bis zum Ende der Legislaturperiode 2018 regieren zu wollen und sich der Dringlichkeit der Reformen für Italien bewusst zu sein. "Wir können nicht davon ausgehen, dass jemand anderes unsere Probleme löst", sagte er. Das Land sei "erstarrt, versumpft in einer erstickenden Bürokratie". Deshalb seien eine Vereinfachung der Strukturen und Abläufe sowie ein politisches Zusammenrücken jetzt vorrangig.

   Eile und Wandel seien geboten, und zwar ohne Jammerchor, zumal Italien in der zweiten Jahreshälfte die EU-Ratspräsidentschaft übernehme. "Europa ist nicht die Mutter aller Probleme", rief Renzi denen zu, die die harten EU-Sparauflagen als mitverantwortlich für die italienischen Wachstumsschwierigkeiten ansehen.

   Renzi konnte sich bei der Abstimmung auf die Mehrheit seiner Koalition aus seiner eigenen Mitte-Links-Partei (PD), kleineren Parteien des Zentrums sowie der konservativen Partei NCD von Innenminister Angelino Alfano verlassen. Der Regierungschef bedankte sich auch bei seinem Vorgänger und Parteikollegen Enrico Letta, den er vor zehn Tagen aus dem Amt gedrängt hatte. Renzi und sein 16-köpfiges Kabinett waren am Samstag vereidigt worden. Er ist der bisher jüngste Ministerpräsident Italiens und aktuell auch der jüngste Regierungschef in einem EU-Land.

   Der aus Florenz stammende Renzi will das hoch verschuldete und in anhaltender Rezession steckende EU-Krisenland grundlegend reformieren. "Wenn wir diese Herausforderung verlieren, ist es allein meine Schuld, es gibt keine Alibis mehr", sagte er vor dem Senat. Die drittgrößte Volkswirtschaft der Eurozone kämpft weiter mit zahlreichen Problemen wie etwa der hohen Jugendarbeitslosigkeit.

   Renzi will nach einer Reform des Wahlrechts und der Institutionen im März die Reform des Arbeitsmarktes, im April die Umstrukturierung der Verwaltung und im Mai Steuersenkungen durchsetzen. Er telefonierte nach seiner Vereidigung bereits mit der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel und dem US-amerikanischen Präsidenten Barack Obama.
 

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