So groß war bisher sein Einfluss auf den US-Präsidenten, dass er den Beinamen "Bushs Hirn" trägt.
Er stand für einige der umstrittensten Entscheidungen in der Amtszeit George W. Bushs und galt als Präsidentenmacher des Texaners. Doch nun hat der Top-Berater Karl Rove seinen Rücktritt angekündigt: Bis Ende des Monats will er seinen Hut nehmen - aus familiären Gründen, sagte er dem "Wall Street Journal". Lange Zeit hatten alle Kontroversen um seine Person Rove nichts anhaben können, denn trotz aller Kritik hatte er einen Wahlsieg Bushs nach dem anderen produziert. Seit der Niederlage der Republikaner bei den Kongresswahlen im November 2006 allerdings war seine Position geschwächt.
Mehrere politische Affären
Während seiner Arbeit im Weißen
Haus war Rove durch gleich mehrere politische Affären ins Zwielicht geraten.
Erst Anfang August verhinderte Bush im Streit um die Entlassung von
US-Bundesanwälten eine Aussage Roves vor dem Senat mit Verweis auf seine
präsidentiellen Vorrechte. Zuvor war in Washington lange über Roves mögliche
Rolle in der Affäre um die Enttarnung der CIA-Agentin Valerie Plame
spekuliert worden. Die Preisgabe ihres Namens deuteten viele als Racheakt an
deren Ehemann Joseph Wilson, der Bush im Streit um den Irak-Krieg
angegriffen hatte. Gegner der Bush-Regierung hofften, dass der
Sonderermittler in dem Fall neben Lewis "Scooter" Libby, den
zurückgetretenen Stabschef von Vizepräsident Dick Cheney, auch gegen Rove
vorgehen würde - dies blieb allerdings aus.
Schmutzigen Tricks
In politischen Kämpfen ist Rove mit allen
Wassern gewaschen - wobei ihm seine Kritiker vorwerfen, auch vor schmutzigen
Tricks nicht zurückzuscheuen. So wird dem 55-Jährigen nachgesagt, die
Karriere seines Chefs mit nicht immer feinen Methoden befördert zu haben.
Als Bush 1994 für den Gouverneursposten kandidierte, kamen Gerüchte über die
später unterlegene Amtsinhaberin Anne Richards auf, sie sei lesbisch. Sechs
Jahre später verlor John McCain das Rennen um die republikanische
Präsidentschaftskandidatur gegen Bush, nachdem er mit Gerüchten zu kämpfen
hatte, in vietnamesischer Gefangenschaft Hochverrat begangen und ein Kind
von einer schwarzen Prostituierten zu haben. Rove wusch seine Hände in
Unschuld.
Viele vermuten auch, dass der Bush-Berater 2004 hinter einer Kampagne von Vietnam-Veteranen gegen den Herausforderer John Kerry steckte. Kerry wurde beschuldigt, zwei seiner Medaillen in Vietnam erschwindelt zu haben - von diesem Schlag erholte sich die Kampagne des Demokraten nie. In der zweiten Amtszeit Bushs entstand in Washington allerdings bei vielen der Eindruck, dass Roves Genie erlahmte. Das Scheitern der mit großem Tamtam angekündigten Rentenreform, die späte Reaktion des Weißen Hauses auf den Hurrikan "Katrina", der Aufstand der Rechten gegen Bushs Pläne für ein liberaleres Einwanderungsrecht - all dies deutete darauf hin, dass Rove nicht mehr wie einst auf Ballhöhe war.
Detailbesessener und Gedächtniskünstler
Trotz aller
strittigen Kampagnen und Entscheidungen Roves: Seine Gegner fürchteten den
Top-Berater mit dem Image der personifizierten Skrupellosigkeit nicht nur,
sie bewunderten ihn auch. Der 56-Jährige gilt als Detailbesessener und
Gedächtniskünstler, der jeden Aspekt einer Kampagne durchplant, von der
Organisation über die Themen bis zum Spendensammeln. Fehler in seiner Arbeit
will er selbst bisher noch nicht entdeckt haben - nach seinem Rücktritt aber
will er sich mit der Frage beschäftigen: "Ich werde im September
meine Füße hochlegen und darüber nachdenken", kündigte
er im "Wall Street Journal" an.