"Das ist ein Überlebenskampf"

Lage in griechischen Flüchtlingslagern droht zu eskalieren

Teilen

Auf Samos bauten Familien Notunterkünfte aus selbstgeschlagenen Bäumen, führte Mijatovic aus. Für Essen und Toiletten müsse stundenlang angestanden werden. 

Athen/Straßburg. Die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatovic, hat sich mit drastischen Worten über die Lage von Migranten auf den griechischen Ägäis-Inseln geäußert. Die Situation sei "explosiv" und stehe "am Rande einer Katastrophe", warnte Mijatovic am Donnerstag, nachdem sie Lager auf den Inseln Lesbos und Samos sowie in der Stadt Korinth besucht hatte.
 
Es mangle an medizinischer Versorgung und ausreichenden sanitären Anlagen, erklärte die Kommissarin danach. Auf Samos bauten Familien Notunterkünfte aus selbstgeschlagenen Bäumen, führte Mijatovic aus. Für Essen und Toiletten müsse stundenlang angestanden werden. "Das hat nichts mehr mit der Aufnahme von Asylbewerbern zu tun. Das ist zu einem Überlebenskampf geworden." Die Situation der Asylwerber auf den Inseln habe sich in den vergangenen zwölf Monaten "dramatisch verschlechtert".
 
Lage in griechischen Flüchtlingslagern droht zu eskalieren
© Getty Images
 
Die Kommissarin lobte die finanzielle Unterstützung der Europäischen Union - sie betonte jedoch, dass das Problem nicht durch finanzielle Mittel allein gelöst werden könne. Griechische Behörden müssten alle bürokratischen Hindernisse beseitigen, die einer effektiven Verwendung der Mittel im Wege stünden, forderte Mijatovic. Gleichzeitig müssten die EU-Länder mehr Verantwortung übernehmen, um Wege für die Umsiedlung von Menschen aus Griechenland in andere Mitgliedstaaten zu finden. Griechenland müsse damit Raum für strukturelle Verbesserungen gegeben werden.
 
Die EU und Griechenland müssten zudem darüber nachdenken, wie die Gemeinden vor Ort besser unterstützt werden können, betonte Mijatovic. "Sie nehmen seit vielen Jahren großzügig eine große Zahl an Flüchtlingen und Migranten auf. Aber ihre Empörung über die derzeitige unhaltbare Situation ist nicht zu leugnen."
 

Über 80.000 Migranten untergebracht

 
Griechenland ist zuletzt erneut zum Hauptankunftsort für Asylbewerber in Europa geworden. Das Land hat große Probleme, die insgesamt fast 80.000 Migranten und Flüchtlinge auf seinem Gebiet unterzubringen. Trotz regelmäßiger Umsiedlungen auf das Festland leben mehr als 34.000 Menschen in den überfüllten Flüchtlingslagern auf den griechischen Inseln.
 
Die neue konservative Regierung in Athen will das Asylrecht verschärfen und im kommenden Jahr 10.000 Menschen zurück in die Türkei schicken. Das griechische Parlament wollte noch am Donnerstag ein entsprechendes Gesetz verabschieden. Mijatovic beklagte allerdings mit Blick auf die Vorlage, es gebe "Bedenken hinsichtlich der Menschenrechtslage".
 
Der Europarat mit Sitz im französischen Straßburg kümmert sich unter anderem um den Schutz der Menschenrechte in den Mitgliedsstaaten. Er agiert unabhängig von der Europäischen Union.
Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.