Live aus Libyen

Gaddafi-Söhne kämpfen um Macht

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Saif und Saadi – Familienfehde tobt. Gaddafi wollte den Kampf aufgeben.

Neue Front im Krieg in Libyen. Jetzt tobt der Bürgerkrieg schon inmitten der Herrscher-Familie. In einem TV-Interview attackiert Gaddafi-Sohn Saadi (erfolgloser Profi-Fußballer) Bruder Saif – er soll schuld an der Gewalt sein. "Der Führer (Muammar Gaddafi, Anm.) warnte täglich: Saif und die Minister vereinfachen zwar das Budget und vieles andere. Doch sie vergessen, die wirklich wichtigen Probleme anzusprechen", so Saadi. Als Beispiel nannte er etwa die Preise für Lebensmittel.

Es ist das erste Mal, dass die Familien-Fehde nach außen getragen wird. Auf der einen Seite steht der scheinbar grobe Saadi – Ingenieur, Soldat und Fußballer. Auf der anderen Schöngeist Saif. Er war nicht nur der Liebling der österreichischen Society.

Geht um Millionen
Hintergrund des Streits ist freilich das Geld. Es geht um Millionen-Einnahmen von westlichen Firmen. Die Unternehmen bezahlen eine Art Steuer an die Familie – dafür dürfen sie ihre Tätigkeiten in Libyen durchführen. Und genau um dieses Geld streiten jetzt die Brüder.

Mittlerweile scheint Vater Gaddafi komplett durchgedreht zu sein. Der Diktator gab an, er wolle den Kampf – und somit sein Reich – aufgeben.

Gaddafi bot den Aufständischen an, das Land zu verlassen. Aber nur, wenn sie ihm erlauben, sein Milliarden-Vermögen mitzunehmen. Wenige Stunden später ließ der Diktator diese Meldung dementieren.

Kampfjets gegen Zivilisten
Währenddessen tobt der blutige Bürgerkrieg weiter. Die wichtige Öl-Stadt Ras Lanuf war gestern wieder Ziel heftiger Angriffe der Truppen. Kampf-Jets bombardierten diesmal sogar zivile Wohnhäuser. Großes Problem der Rebellen: Der Treibstoff geht aus. Nur eine Woche reicht er noch.

Militärische Hilfe der USA ist noch nicht geplant. Erste Hilfs-Aktionen: UNO- und EU-Beobachter bereisen das Land. Die NATO überprüft jede Truppen-Bewegung mit Aufklärungs-Fliegern. Österreich hilft mit und stellt eine halbe Million Euro für Flüchtlinge zur Verfügung.
 

Nahost-Experte Steinbach:"Eine Frage von wenigen Tagen"

ÖSTERREICH: Wie wahrscheinlich ist es, dass Gaddafi zurücktritt?
Udo Steinbach: Man hört, dass Gaddafi bereit für einen Deal wäre, und das zeigt, dass er selbst auch die Schwächung seiner Position bemerkt. Ob seine Gegner das annehmen werden, ist eine andere Frage. Ich halte es nicht für wahrscheinlich, dass er beispielsweise nach Venezuela oder Weißrussland ins Exil gehen wird. Das Schicksal Gaddafis wird in Libyen entschieden werden.

ÖSTERREICH: Wie lange könnte das dauern?
Steinbach: Wir sprechen nicht mehr über Wochen, wir sprechen über Tage. Die internationale Gemeinschaft denkt immer ernsthafter über Maßnahmen nach. Wenn die Kampfhandlungen weiter eskalieren, gerade was die libysche Luftwaffe betrifft, halte ich es für wahrscheinlich, dass es zu einer No-Fly-Zone kommt. Wichtig dabei ist, dass es eine Zustimmung durch den Sicherheitsrat gibt und zweitens müsste die Arabische Liga mit von der Partie sein.

ÖSTERREICH: Wie wird es nach Gaddafi überhaupt weitergehen? Viele haben die Befürchtung, dass radikale Islamisten die Macht übernehmen.
Steinbach: Das ist noch schwierig. Wir sehen, dass sich in Benghazi neue Strukturen herausgebildet haben. Einige Offiziere, die desertiert sind, haben einen Rat gebildet. Es scheint, als würden sie auch eine westliche Intervention in Kauf nehmen. Sollte es dazu kommen, dann werden Gaddafis Spielräume gegen null gehen.

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