Tunesien

Oppositionspolitiker in Tunis erschossen

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Mohamed Brahmi wurde vor seinem Haus von mehreren Kugeln getroffen.

Zum zweiten Mal binnen sechs Monaten ist in Tunesien ein Oppositionspolitiker ermordet worden. Der Abgeordnete Mohamed Brahmi wurde am Donnerstag in einem Vorort von Tunis vor den Augen seiner Frau von Unbekannten auf der Straße erschossen. Der 58-Jährige gehörte in der Verfassungsgebenden Versammlung dem linken, nicht religiösen Lager an und leitete die Partei "Bewegung des Volkes".

Da der Mordanschlag am Gedenktag zur Republikgründung im Jahr 1957 verübt wurde, gab es kaum Zweifel daran, dass radikalislamische Kräfte hinter der Tat stecken. "Die Nachricht ist klar. Die Täter sind gegen den Staat und die Werte der Republik", sagte Cherif Khyari von der Parteienkoalition Front Populaire der dpa.

Anfang des Jahres war in Tunesien bereits der Oppositionspolitiker Chokri Belaid von islamistischen Extremisten ermordet worden. Im Anschluss eskalierten seit längerem anhaltende Spannungen im Ursprungsland des Arabischen Frühlings und es kam zu Massenprotesten. Die islamistische Regierungspartei Ennahda stimmte deswegen einer Kabinettsneubildung zu. Die Partei hatte 2011 die erste Wahl nach dem Sturz von Langzeitherrscher Zine el Abidine Ben Ali klar gewonnen. Sie bildet seitdem mit der Mitte-Links-Partei CPR und der sozialdemokratischen Ettakatol eine Koalition.

"Wir verurteilen dieses abscheuliche Verbrechen aufs Schärfste", kommentierte die Ennahda die erneute Bluttat. Der Mord sei nicht nur ein Angriff auf Brahmi, sondern auf den gesamten demokratischen Übergangsprozess. Die Verfassungsgebende Versammlung in Tunesien will in Kürze ihre Arbeit an einer neuen Verfassung abschließen. Im Anschluss soll es Neuwahlen geben.

Der mutmaßliche Mörder des Oppositionspolitikers Belaid ist im Gegensatz zu einigen Komplizen noch immer auf der Flucht. Der erschossene Jurist galt in dem Land als einer der schärfsten Ennahda-Kritiker und setzte sich für eine Trennung von Staat und Religion ein.

Der am Donnerstag erschossene Brahmi war weit weniger bekannt, galt aber auch als erbitterter Gegner der Islamisten. Er hinterlässt fünf Kinder und seine Frau. Ihr Mann sei getötet worden, weil er die Wahrheit gesagt habe, sagte Brahmis Frau dem Radiosender Mosaique FM. Sie hatte den Mord mitansehen müssen.

Aus Protest gegen die Bluttat versammelten sich am Donnerstagnachmittag Tausende Anhänger des Politikers zu spontanen Demonstrationen. Vor dem Innenministerium setzten Sicherheitskräfte Medienberichten zufolge Tränengas ein.
 

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