Die Regierung wird die Entscheidung des Gerichts nicht akzeptieren.
Das Urteil der polnischen Verfassungsrichter ist eine schallende Ohrfeige für die nationalkonservative Warschauer Regierung. Das umstrittene Gesetz zur Arbeit des Gerichts sei verfassungswidrig, sagen die renommierten Juristen. Die polnische Regierung hatte bereits vor der Entscheidung des Gerichts angekündigt, diese nicht zu akzeptieren.
Verstoß gegen Rechtsgrundlagen
Die Urteilsfindung der Richter stehe nicht im Einklang mit der im Parlament beschlossenen Reform. Mit ihrem Gesetz zum Verfassungstribunal hat die polnische Regierung nach einem Urteil der obersten Verfassungshüter gegen wesentliche Rechtsgrundlagen verstoßen. Das Verfassungsgericht erklärte am Mittwoch mehrere Punkte des Gesetzes der nationalkonservativen Warschauer Regierung für verfassungswidrig. Der Vorstoß der Regierung war zuvor auch international heftig kritisiert worden.
"Das Gesetz verhindert eine zuverlässige und reibungslose Arbeit des Gerichts", sagte Andrzej Rzeplinski, der Vorsitzende des Verfassungsgerichts. "Die drastische Begrenzung der unabhängigen Arbeit des Tribunals stört wesentlich die Struktur des Staates", sagte ein anderer Verfassungsrichter. Der Status vor der Gesetzesreform müsse wiederhergestellt werden. Verfassungswidrig seien etwa die Bestimmungen, Fälle chronologisch und nicht nach ihrer Bedeutung zu bearbeiten und dass Urteile nur bei einer Zwei-Drittel-Mehrheit gültig sein sollen.
Klagen gegen das Gesetz
Kritiker befürchten aufgrund dieser Bestimmung eine Lähmung des Gerichts. Zudem mache es die Gesetzesreform angesichts der Zahl der Altfälle nahezu unmöglich, in der laufenden Legislaturperiode umstrittene Projekte der nationalkonservativen Regierung vor das Tribunal zu bringen.
Mehrere Oppositionsparteien und Rechtsexperten hatten gegen das im vergangenen Dezember erlassene Gesetz geklagt. Regierungschefin Beata Szydlo hatte bereits am Dienstag angekündigt, die Regierung werde das Urteil nicht anerkennen, da die Verhandlung des Gerichts gegen die Bestimmungen der Gesetzesreform verstoße.
Venedig-Kommission
Das umstrittene Gesetz beschäftigt am Freitag und Samstag auch die Venedig-Kommission, ein Gremium von Rechtsexperten des Europarats. Regierungspolitiker haben bereits betont, der Bericht der Experten habe keinerlei bindende Wirkung für Polen.
Die EU-Kommission hat nach Verabschiedung mehrerer kontroverser Gesetze ein Prüfverfahren zur Rechtsstaatlichkeit in Polen eröffnet. Ende der Woche will die Kommission für Demokratie und Recht des Europarates, die Venedig-Kommission, ihre Einschätzung zu dem Gesetz abgeben. Einem Medienbericht zufolge wird das Gremium vor einer "Verfassungskrise" und einer Einschränkung der Rechtsstaatlichkeit in Polen warnen.