Neue Studie:

Radikale Islamisten wollen nicht in Jihad ziehen

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Eine Vermessung der Jihad-Szene kam zu überraschenden Feststellungen.

Das deutsche Bundeskriminalamt und der Verfassungsschutz haben in Zusammenarbeit mit dem "Hessischen Informations- und Kompetenzzentrum gegen Extremismus" eine Studie verfasst, die nach Medienberichten zu überraschenden Feststellungen kam: Radikale Islamisten wollen nicht mehr in den Islamischen Staat ziehen, die Ausreisen seien beinahe "zum Erliegen gekommen", berichtet die "Tagesschau".

Im Jahr 2014 zogen laut der Studie in manchen Monaten fast 100 Personen aus Deutschland in den Jihad, zwischen Juli 2015 und Juni 2016 waren es im Durchschnitt nur noch weniger als fünf.

IS wird unattraktiv

Experten schlossen darauf, dass Reisen in das "Kalifat" bei "Jihad-affinen Personen aus Deutschland kaum mehr eine Sogwirkung" entfalten. "Wenn angesichts der geringen Ausreisezahlen überhaupt noch von einer Attraktivität des IS gesprochen werden kann, so kann der IS allenfalls eine gewisse Anziehungskraft unter jüngeren Männern entfalten, die weniger sozial integriert sind und sich in der Gesamtbetrachtung durch eine höhere kriminelle Energie auszeichnen", zitiert die "Tagesschau" das Experten-Team.

Die Experten kamen des Weiteren zu dem Schluss, dass "die salafistisch motivierten Reisebewegungen aus Deutschland zum IS als ein Indiz für den sich offensichtlich vollziehenden Niedergang des in 2014 ausgerufenen Kalifats zu interpretieren sind".

Gründe unklar

Unklar bleibe jedoch weiterhin, warum diese Kehrtwende stattgefunden habe. Sowohl der wachsende militärische Druck auf den IS als auch bessere Grenzkontrollen und der Entzug von Reisepässen könne laut den Autoren der Studie eine Rolle spielen. Außerdem fühlten sich inzwischen schon viele der Islamisten von der Gewalt der Terrormiliz abgestoßen. Für dieses Argument spreche auch, dass inzwischen ein Fünftel der IS-Rückkehrer mit den deutschen Sicherheitsbehörden kooperieren würde.

Doch es bleibe auch unklar, welche Rolle die Aufforderung des IS, in den Heimatländern zu bleiben und dort Anschläge zu begehen, spielt. Dies sei nicht Gegenstand der Untersuchung gewesen, die IS-Ideologie habe jedoch nachweisbar nicht an Attraktivität verloren. Durch diesen Strategiewechsel müsse man davon ausgehen, dass sich die Bedrohung in den westlichen Ländern sogar verschärft habe. Zu den Jihad-Rückkehrern komme jedenfalls "eine schwer einzuschätzende Zahl von hier gebliebenen radikalisierten bzw. sich radikalisierenden Personen hinzu".

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