US-Kongress

Showdown für die Gesundheitsreform

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Bekommt Obama im Parlament die nötigen 216 Stimmen für das ehrgeizige Reformwerk?

Für kein anderes innenpolitisches Vorhaben hat Barack Obama mehr gekämpft, nun kommt die Stunde der Entscheidung. Am Sonntag will das Abgeordnetenhaus über seine Gesundheitsreform abstimmen, die Millionen Amerikaner endlich eine Versicherung verschaffen soll. Präsident Obama und führende Politiker seiner Demokratischen Partei wollten bis dahin jede Chance nutzen, um noch möglichst viele Abgeordnete auf ihre Seite zu bringen. Um sein ganzes politisches Gewicht in die Waagschale werfen zu können, verschob Obama kurzfristig seine geplante Asienreise.

216 Stimmen nötig
Die Demokraten in der großen Kongresskammer hatten am Donnerstagnachmittag (Ortszeit) nach monatelangen erbitterten Debatten den Countdown für das Finale eingeläutet, indem sie den Gesetzesentwurf ins Internet stellten und damit für die Öffentlichkeit freigaben. Nach einer Frist von 72 Stunden kann den Regeln zufolge nun darüber abgestimmt werden. Bis dahin wollen die Demokraten auch noch Zweifler in den eigenen Reihen gewinnen, um im Parlament die nötigen 216 Stimmen für Obamas Reformwerk zu bekommen.

Die Republikaner kündigten erneut erbitterten Widerstand an. "Wir werden alles tun, was wir können, um sicherzustellen, dass dieses Gesetz nie und nimmer durchkommt", drohte der Konservativen-Chef im Abgeordnetenhaus, John Boehner. Die Republikaner, aber auch eine Reihe von Demokraten fürchten die Kosten der Reform, die unter anderem durch Kürzungen und neue Abgaben für Gutverdienende finanziert werden soll.

Für Schuldenabbau
Eine Prognose der überparteilichen Budget-Behörde des Kongresses trieb jedoch nach Medienberichten am Donnerstag weitere zögernde Demokraten in das Lager der Reform-Befürworter. Die Behörde schätzt, dass das Gesetzespaket in den kommenden zehn Jahren 940 Milliarden Dollar kostet und rund 32 Millionen bisher unversicherten Amerikanern eine Krankenversicherung garantiert. Die Maßnahmen werden nach den Berechnungen jedoch langfristig zu einem massiven Schuldenabbau beitragen.

Erwartet wird, dass die Gesundheitsreform in den ersten zehn Jahren Einsparungen in Höhe von 138 Milliarden Dollar bringt, im zweiten Jahrzehnt sollen es sogar 1,2 Billionen Dollar sein. Gespart würde unter anderem, weil die Millionen Unversicherten in den USA gegenwärtig im Krankheitsfall Hilfe in den Notaufnahmen der Kliniken suchen. Das kommt den Staat teuer zu stehen.

Für Republikaner "Machtmissbrauch"
Grundlage der Abstimmung im Abgeordnetenhaus ist eine bereits vom Senat verabschiedete Vorlage. Diese soll aber in einigen Punkten geändert werden, um zögernde Demokraten zur Billigung zu bewegen. Die Präsidentin des Abgeordnetenhauses, Nancy Pelosi, erwägt dabei einen Verfahrenstrick: Möglicherweise wird nur über die Änderungen abgestimmt, nicht aber über die Original-Vorlage. Damit würde es Gegnern in den eigenen Reihen ermöglicht, eine geänderte Version mitzutragen, ohne zuvor die Senats-Version unterstützen zu müssen. Die Republikaner kritisieren dies als "Machtmissbrauch", haben dies aber in der Vergangenheit, als sie selbst an der Macht waren, auch schon öfter praktiziert.

Zu seiner auf Juni verschobenen Reise nach Asien und Australien erklärte Obama, er habe mit Politikern in Indonesien und Australien telefoniert und volles Verständnis für seine Entscheidung gefunden. Ursprünglich hatte der Präsident bereits am Donnerstag reisen wollen, dann den Abflug auf Sonntag verschoben - in der Hoffnung, dass die Reform bis dahin vom Abgeordnetenhaus gebilligt sein würde und damit die größte Hürde genommen ist.

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