Kommunalwahlen in Frankreich

Sieg für Front National, schwache Sozialisten

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Rechtsextreme in Frankreich vor allem am Mittelmeer erfolgreich.

Die rechtsextreme Front National (FN) hat nach den Kommunalwahlen in Frankreich den Sieg in zwölf Kommunen für sich in Anspruch genommen. Insgesamt seien landesweit 1546 Gemeinde- und Stadträte der FN gewählt worden, erklärte der Wahlkampfleiter der Partei, Nicolas Bay, am Montag. Das Pariser Innenministerium bezifferte die Kommunen, in denen ein FN-Kandidat siegreich war, auf elf.

Die FN habe ihre wichtigsten Ziele erreicht, hob Bay hervor. Sie habe Bürgermeistersessel erobert und ein regionales Netz geschaffen. Angetreten war die rechtsextreme Partei in 597 Gemeinden mit mehr als tausend Einwohnern.

Die meisten Wahlsiege verzeichnete die FN im Südosten Frankreichs. Einen wichtigen Erfolg erzielte sie im 7. Bezirk der Mittelmeer-Stadt Marseille, dessen 150.000 Einwohner künftig vom 44 Jahre alten FN-Bürgermeister Stephane Ravier regiert werden. In Beziers mit seinen rund 71.000 Einwohnern wurde der Journalist und Mitbegründer der Organisation "Reporter ohne Grenzen", Robert Ménard, mit Unterstützung von FN-Chefin Marine Le Pen neuer Bürgermeister. Menard selbst betont allerdings, er sei kein Mitglied der FN.

Einen rechtsextremen Bürgermeister werden auch die bei Touristen beliebte Stadt Fréjus am Mittelmeer mit ihren gut 52.000 Einwohnern und die Gemeinde Le Pontet nahe Orange bekommen. FN-Kandidaten setzten sich außerdem in Beaucaire bei Avignon mit seinen rund 16.000 Einwohnern, Le Luc nördlich der Hafenstadt Toulon sowie im nahe von Saint Tropez gelegenen Badeort Cogolin durch. In Camaret-sur-Aigues bei Orange trug der Kandidat einer lokalen Liste namens "Ligue du Sud" den Sieg davon. Die FN beansprucht auch diesen Sieg für sich. Sie habe die örtliche Liste dort unterstützt, teilte die Partei mit.

Einen rechtsextremen Bürgermeister bekommen zudem die Gemeinden Villers-Cotterets im Norden Frankreichs, Mantes-la Ville bei Paris und die 15.500 Einwohner zählende krisengeschüttelte lothringische Kleinstadt Hayanges im Osten des Landes, wo 2011 die beiden letzten Hochöfen geschlossen wurden. Im nordfranzösischen Henin-Beaumont mit rund 26.000 Einwohnern hatte der Generalsekretär der Front National, Steeve Briois, bereits beim ersten Kommunalwahlgang am 30. März die absolute Mehrheit erhalten. Damit eroberte er als einziger FN-Kandidat auf Anhieb den Bürgermeistersessel.

Belgische Gemeinden legten nach FN-Erfolg Städtepartnerschaft auf Eis

Das starke Abschneiden der rechtsextremen Partei Front National (FN) bei der Kommunalwahl in Frankreich belastet die Freundschaft mit Gemeinden im Nachbarland Belgien. Die belgischen Kleinstädte Farciennes und Arlon wollen die Zusammenarbeit mit ihren französischen Partnergemeinden suspendieren, weil diese künftig von einem FN-Bürgermeister regiert werden.

"Politisch können wir nicht mit Leuten weiter zusammenarbeiten, die derartige Sichtweisen verbreiten", sagte der Bürgermeister von Farciennes, Hugues Bayet, am Montag im Rundfunk. In der südfranzösischen Partnerstadt Beaucaire hatte sich am Sonntag der FN-Kandidat Julien Sanchez durchgesetzt.

Die engen Verbindungen zwischen Farciennes und Beaucaire gehen bis in die Zeit des Zweiten Weltkriegs zurück, als Einwohner der belgischen Stadt in Südfrankreich Zuflucht fanden. Bayet sagte, er verstehe die Menschen in Beaucaire nicht. "Das sind großzügige Leute. Sie haben uns während des Krieges aufgenommen", erklärte der sozialistische Bürgermeister. Bei einer Stadtratssitzung am Dienstag soll die Aussetzung der Städtepartnerschaft formal beschlossen werden.

Auch das mit der Gemeinde Hayange im Departement Moselle verbundene Arlon zieht Konsequenzen aus dem Ergebnis der FN, die bei der Kommunalwahl zwölf Rathäuser erobern konnte. "Wir teilen nicht die gleichen Werte", sagte Arlons Bürgermeister Vincent Magnus der Zeitung "L'Avenir". In Hayange gewann der FN-Politiker Fabien Engelmann. Auch wenn die politischen Kontakte eingefroren würden, sei die Tür für eine Zusammenarbeit von Vereinen weiter offen, betonte Magnus.

Nach Wahlschlappe in Frankreich blicken Sozialisten auf Europawahl

Hinweise auf Regierungsumbildung verdichten sich
Nach der Schlappe bei den Kommunalwahlen müssen Frankreichs Sozialisten auch bei der Europawahl im Mai mit einem Dämpfer rechnen. Laut Umfrage des Instituts Ipsos/Steria liegt die Partei von Präsident Francois Hollande mit 19 Prozent noch hinter der rechtsextremen Front National (22 Prozent) und der konservativen UMP (24 Prozent). Indes verdichteten sich Hinweise auf eine Regierungsumbildung.

Bei der zweiten Runde der Kommunalwahlen am Sonntag verbuchten die Konservativen deutliche Gewinne, auch für die rechtsextreme Front National gab es Einzelsiege. Für die Linke blieben Achtungserfolge vor allem in größeren Städten - so bekommt Paris mit der Sozialistin Anne Hidalgo erstmals eine Bürgermeisterin.

Nach dem vorläufigen Ergebnis des Innenministeriums erzielten die Konservativen bei den Kommunalwahlen landesweit 45,9 Prozent. Die Linken landeten bei 40,6 Prozent. Die Front National, die nur in ausgesuchten Städten antrat, konnte mit 6,8 Prozent im zweiten Wahlgang erneut zulegen. Unabhängige Bewerber kamen auf 6,6 Prozent.

171 Städte gingen von den Linken zu den Konservativen
In 171 Städten mussten die Linken ihre Macht an Konservative abgeben, im Gegenzug konnten sie nur sechs Städte der Rechten erobern. Die Sozialisten verloren unter anderem Marseille, Toulouse, Amiens oder Reims. Auch teils historische Hochburgen wie Saint-Etienne, Limoges oder Chambery fielen. Bei der Kommunalwahl 2008 hatten die Linken den damals regierenden Konservativen viele Städte abjagen können.

Unter den wichtigsten Städten sind jetzt noch 31 in der Hand der Linken. Die Konservativen kommen auf 56 bedeutende Gemeinden, für FN oder andere extreme Rechte sind es elf wichtigere Orte. Am Sonntag ging es noch um die Mehrheiten in knapp 6500 Gemeinden, eine Woche zuvor war in fast 37.000 Gemeinden gewählt worden.

In einzelnen Großstädten gelangen den Linken prestigeträchtige Siege. In Paris etwa setzte sich Hidalgo gegen die UMP-Kandidatin Nathalie Kosciusko-Morizet durch. In Avignon schlug die sozialistische Kandidatin Cecile Helle ihren FN-Herausforderer. In Lille sicherte sich die frühere Chefin der Sozialistin, Martine Aubry, die Mehrheit. Auch Lyon und Straßburg gingen an die Linken.

Regierungsumbildung wahrscheinlich
Der Agrarminister und Hollande-Vertraute Stephane Le Foll sagte am Montag, Hollande wolle eine Erklärung abgeben - "ohne Zweifel im Fernsehen". Der sozialistische Senator Francois Rebsamen sagte, er sehe "keine Alternative zu einer großangelegten Regierungsumbildung".

Ein für Montag geplantes Treffen des als angeschlagen geltenden Premierministers Jean-Marc Ayrault mit Innenminister Manuel Valls, der als möglicher Nachfolger gehandelt wird, wurde auf einen späteren Zeitpunkt verschoben. Ayrault hatte bereits am Sonntagabend die Verantwortung für das Wahldesaster übernommen. "Ich nehme meinen Teil der Schuld auf mich", sagte er.

Als weitere mögliche Kandidaten für eine Nachfolge von Ayrault gelten der scheidende Pariser Bürgermeister Bertrand Delanoe, Außenminister Laurent Fabius oder Parlamentspräsident Claude Bartolone. Für Regierungsämter werden zudem die frühere Parteichefin Martine Aubry genannt oder Segolene Royal, erfolglose Präsidentschaftskandidatin von 2007, Hollandes einstige Lebensgefährtin und Mutter seiner vier Kinder.

Die französischen Wähler verübeln Hollande vor allem, dass es ihm trotz aller Wahlversprechen bisher nicht gelungen ist, die Wirtschaft des Landes wieder anzukurbeln. Die Arbeitslosenquote war im Februar auf ein neues Rekordhoch von 10,2 Prozent geklettert. Am Montag wurde bekannt, dass die Regierung es 2013 nicht schaffte, die Neuverschuldung wie gegenüber der EU-Kommission angekündigt auf 4,1 Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu drücken. Nach Angaben des Statistikamtes Insee lag das Staatsdefizit bei 4,3 Prozent, damit allerdings immerhin niedriger als 2012 mit 4,9 Prozent. Der Schuldenberg wuchs auf 93,5 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung und ist damit so hoch wie noch nie.


 

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