Auch BMW-Arbeitnehmervertreter: SPD "nicht mehr wählbar".
Nach den umstrittenen Aussagen von Juso-Chef Kevin Kühnert zu Enteignungen großer Unternehmen gehen führende Arbeitnehmervertreter auf Distanz zu den deutschen Sozialdemokraten.
"Ich teile die Meinung, dass die SPD für Arbeiter immer schwerer wählbar wird", sagte der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats bei Daimler, Michael Brecht, der Zeitung "Bild" (Samstagsausgabe).
Die SPD solle sich dringend überlegen, wofür sie stehen wolle, sagte der Arbeitnehmervertreter der "Bild": "Für sichere Arbeitsplätze und eine nachhaltige Industriepolitik oder für realitätsferne Fantasien, die am Ende nur Arbeitsplätze kosten und die soziale Ungleichheit erhöhen."
Zuvor hatte der Gesamtbetriebsratschef von BMW, Manfred Schoch, Kühnert wegen seiner Aussagen über eine Kollektivierung von BMW scharf angegriffen. "Für Arbeiter deutscher Unternehmen ist diese SPD nicht mehr wählbar", sagte Schoch der "Wirtschaftswoche". Es sei ihm "unbegreiflich", wie Kühnert "so über BMW sprechen kann". Bei kaum einem anderen Unternehmen in Deutschland seien die Arbeitsplätze so sicher und gut bezahlt, die Pensionen so hoch und die Arbeitsbedingungen und die Arbeitszeitmodelle so fortschrittlich wie bei BMW, fügte Schoch hinzu.
In einem Interview mit der Wochenzeitung "Die Zeit" hatte Kühnert unter Hinweis etwa auf den Automobilkonzern BMW gesagt: "Ohne Kollektivierung ist eine Überwindung des Kapitalismus nicht denkbar." Wie genau solche Vergesellschaftungen ablaufen sollten, ließ Kühnert allerdings offen.
Auch private Wohnungsvermietungen soll es nach seiner Auffassung im "Optimalfall" nicht mehr geben. Im "Spiegel" bekräftigte Kühnert am Freitag seine Positionen. SPD-Chefin Andrea Nahles distanzierte sich daraufhin von Kühnerts Aussagen. "Man kann richtige Fragen stellen und trotzdem falsche Antworten geben", sagte sie bei einer Parteikonferenz in Leipzig vor Journalisten.
Nahles' österreichische Kollegin Pamela Rendi-Wagner ging ebenfalls auf Distanz, nachdem sich SJ-Chefin Julia Herr hinter das Anliegen Kühnerts gestellt hatte. Sie habe das Wort "Kollektivierung" nicht in ihrem Wortschatz, sagte Rendi-Wagner am Freitagabend in der "ZiB2".