Neben dem Bundestag hat Berlin am Sonntag auch ein neues Landesparlament gewählt.
Die SPD hat die Abgeordnetenhauswahl in Berlin gewonnen. Die Partei mit Spitzenkandidatin Franziska Giffey erreichte am Sonntag nach Auszählung aller Stimmbezirke 21,4 Prozent und landete vor den Grünen, die auf 18,9 Prozent kamen. Die CDU erreichte laut Landeswahlleitung 18,1 Prozent, die Linke 14,0 Prozent, die AfD kam auf 8,0 Prozent, die FDP erzielte 7,1 Prozent. Wie bisher kann Berlin damit künftig nur von einem Dreierbündnis regiert werden.
SPD und Grüne könnten wie bisher weiter miteinander und mit der Linken koalieren. Überschattet war die Stimmabgabe von Pannen und Verzögerungen. Klar schien, dass in Berlin erstmals eine Frau die Berliner Landesregierung führen wird - Franziska Giffey (SPD) oder Bettina Jarasch (Grüne). Amtsinhaber Michael Müller (SPD) gibt den Posten ab, um in den Bundestag zu wechseln.
"Wir haben hier ein Kopf-an-Kopf-Rennen zwischen SPD und Grünen, das heißt, es gibt ein klares Votum für SPD und Grüne, damit müssen wir umgehen", sagte Giffey, die ihren Wahlkreis im Süden von Berlin-Neukölln mit deutlichem Vorsprung gewann, dem Sender Phoenix. Die 43-jährige SPD-Landesvorsitzende, die erstmals ins Berliner Abgeordnetenhaus einzieht, erhielt nach Auszählung aller Stimmbezirke 40,9 Prozent der Erststimmen. Man werde im Falle des Wahlsieges auch mit allen anderen Parteien sprechen, aber der Wählerwille sei deutlich, sagte Giffey.
Grünen-Spitzenkandidatin Jarasch sagte demselben Sender, sie wolle an einem "progressiven Regierungsbündnis" mit SPD und Linken festhalten. "Wir haben in dieser rot-rot-grünen Koalition viele Dinge angefangen, die die Leute gut finden", sagte Jarasch. "Deswegen habe ich auch von Anfang an gesagt, dass ich diese progressive Koalition gerne fortsetzen möchte, aber eben unter grüner Führung."
Denkbar waren aber auch andere Dreierbündnisse. CDU-Spitzenkandidat Kai Wegner sagte in diversen Interviews, seine Partei sei angetreten, um Rot-Rot-Grün zu beenden, und die Zahlen könnten das vielleicht auch noch hergeben. Die CDU erreichte aber wohl wieder eines der schlechtesten Ergebnisse der Nachkriegszeit: laut RBB-Hochrechnung 18,2 Prozent.
FDP-Spitzenkandidat Sebastian Czaja bekräftigte die Bereitschaft, mit allen Parteien bis auf Linke und AfD zu sprechen. AfD-Spitzenkandidatin Kristin Brinker betonte, im Wahlkampf hätten viele Bürger Interesse an den AfD-Themen gezeigt.
In der Hauptstadt war der Sonntag ein Superwahltag. Die Berlinerinnen und Berliner konnten neben dem Abgeordnetenhaus auch den neuen Bundestag und zwölf neue Bezirksparlamente wählen. Topthemen im Wahlkampf waren Mieten und Wohnen, Verkehr, Klimaschutz, Bildung und Corona. Bei einem Volksentscheid ging es zudem darum, ob große Wohnungskonzerne enteignet werden sollen. Nach Auszählung von mehr als der Hälfte der Stimmen zeichnete sich dafür eine Mehrheit ab. Das Votum ist für die Politik aber rechtlich nicht bindend. Gleichwohl werden sich der neue Senat und das neu gewählte Abgeordnetenhaus damit auseinandersetzen müssen.
Wahlberechtigt waren in Berlin rund 2,45 Millionen Menschen. Doch lief bei der Stimmabgabe bei weitem nicht alles rund. Teils fehlten Wahlzettel. Der Berlin-Marathon sorgte für Verzögerungen. Teils bildeten sich lange Schlangen, Wartezeiten betrugen bis zu zwei Stunden. Einige Wahllokale blieben länger offen. Mancher stimmte noch ab, während im Fernsehen schon die Wahlprognosen liefen. Der Bundeswahlleiter forderte einen "detaillierten Bericht" zu den Pannen an.
2016 hatte die SPD die Wahl zum Abgeordnetenhaus mit 21,6 Prozent der Zweitstimmen gewonnen - ihrem schlechtesten Ergebnis in Berlin seit 1946. Die CDU erreichte damals 17,6 Prozent. Die Linke kam vor fünf Jahren auf 15,6 Prozent, die Grünen auf 15,2 Prozent. Die AfD war mit 14,2 Prozent erstmals in das Abgeordnetenhaus eingezogen, die FDP schaffte 6,7 Prozent. Das Berliner Landesparlament besteht aus mindestens 130 Abgeordneten, aktuell sind es durch Überhang- und Ausgleichsmandate 160.