Haider verfügte über beste Beziehungen zur Herrscherfamilie in Libyen.
Der bei einem Autounfall verstorbene Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider hat wenige Monate vor seinem Tod im Vorjahr für die Schweiz in Tripolis sondiert, wie eine Lösung im Streit zwischen Libyen und der Schweiz zu erreichen sei und wie die beiden festgehaltenen Schweizer befreit werden könnten. Dies berichtete am Donnerstag das Internet-Portal der Schweizer Zeitung "Tages-Anzeiger". Haider verfügte über beste Beziehungen zur Herrscherfamilie und war befreundet mit dem ältesten Sohn von Staatschef Muammar al-Gaddafi.
Das Portal "Tagesanzeiger.ch/Newsnetz" bezog sich auf Aussagen des früheren freisinnigen Nationalrats Ernst Mühlemann (FDP), einem "der profiliertesten Außenpolitiker" der Schweiz. Laut Mühlemann "ging die Nachricht von Haider auf indirektem Wege zum Bundesrat", der Schweizer Kollegialregierung: Oberst Gaddafi wünsche, dass Bundespräsident Pascal Couchepin (FDP) nach Tripolis reise, um dort sein Bedauern über die Verhaftung seines Sohns Motassim Bilal (genannt "Hannibal") in Genf auszudrücken. Doch der damalige Bundespräsident konnte diesem Rat nicht Folge leisten, da die Außenministerin Micheline Calmy-Rey (Sozialdemokraten/SP) das Dossier Libyen bei sich behalten wollte.
Weder Bestätigung noch Dementi
Das Büro der Schweizer
Außenministerin Micheline Calmy-Rey wollte die Version von Mühlemann am
Donnerstag laut "Tages-Anzeiger" weder bestätigen noch dementieren. Man
kommentiere diese Angelegenheit nicht, so ein Sprecher des Departements für
auswärtige Angelegenheiten (EDA). Der ehemalige FPÖ-und BZÖ-Chef Jörg Haider
war mit Gaddafis Sohn Saif al-Islam sehr gut befreundet und unterhielt
privilegierte Kontakte zur libyschen Führung.
Hintergrund der Probleme zwischen der Schweiz und Libyen ist die Affäre um die Verhaftung "Hannibals" und dessen Ehefrau im Juli vergangenen Jahres in Genf. Hannibal al-Gaddafi und seiner Frau war vorgeworfen worden, in der Schweiz Angestellte misshandelt zu haben. Die Verhaftung führte zu einer diplomatischen Krise zwischen Bern und Tripolis, in deren Folge zwei Schweizer - einer von ihnen ist Mitarbeiter des Technologiekonzerns ABB - festgenommen wurden.
Bundespräsident Merz war in Folge nach Tripolis gereist, um die Freilassung zu erreichen. Er musste jedoch unverrichteter Dinge die Heimreise antreten. Der Streit trieb auch seltsame Blüten. So stellte Libyen bei der UNO einen Antrag auf Aufteilung der Schweiz auf ihre Nachbarländer Deutschland, Frankreich und Italien. Das Ansinnen wurde von den Vereinten Nationen aber nicht einmal behandelt.
Haider hatte Unterstützung signalisiert
Tatsächlich hatte
Haider der Schweiz Ende Juli 2008 Vermittlungsdienste in der Libyen-Krise
angeboten. "Ich stehe zur Verfügung", signalisierte er damals gegenüber der
"SonntagsZeitung". Damals lag ihm aber laut der Zeitung keine offizielle
Anfrage der Schweiz vor. "Mir war klar, dass Libyen heftig auf die
Verhaftung von Hannibal reagieren würde", wurde Haider zitiert. "Man hätte
ihn nie ins Gefängnis stecken dürfen."