Schulz-Nachfolge

Tajani neuer EU-Parlamentspräsident

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EVP-Bewerber Antonio Tajani setzte sich gegen Pitella durch.

Das EU-Parlament hat nach vier Wahlgängen doch den Kandidat der Europäischen Volkspartei (EVP) Antonio Tajani zum neuen Präsidenten gewählt. Mit 351 Stimmen erreichte der Italiener im letzten Durchgang eine klarere Mehrheit gegenüber seinem sozialdemokratischen Mitbewerber und Landsmann Gianni Pitella (282 Stimmen) als zunächst angenommen.

Konservativer
Tajani ist Mitglied der Partei Forza Italia des früheren italienischen Ministerpräsidenten Silvio Berlusconi. In seiner ersten Rede als Parlamentspräsident am Dienstagabend in Straßburg sagte Tajani, er wolle das Wahlergebnis als Zeichen der Solidarität den Opfern der Erdbeben in Italien widmen. Er dankte allen Abgeordneten, auch jenen, die ihn nicht gewählt haben. Der Christdemokrat erinnerte auch an die Opfer des Terrorismus, die Obdachlosen und die Menschen ohne Arbeit. "Denen müssen wir in unserer Arbeit große Aufmerksamkeit widmen, denen, die sich in Schwierigkeiten befinden".

Der ÖVP-Delegationsleiter im EU-Parlament Othmar Karas sagte, jetzt gehe es darum, alle proeuropäischen Kräfte zu vereinen und eine entschlossene, gemeinsame Antwort auf die Erklärungen zum Brexit, zu Donald Trump und Wladimir Putin zu geben. "Die zwischen der Europäischen Volkspartei und den europäischen Liberalen vereinbarte proeuropäische Zusammenarbeit bietet eine gute Grundlage dafür", so der Europapolitiker.

SPÖ-Kritik

Die SPÖ-Delegationsleiterin Evelyn Regner meinte dagegen, mit Tajani werde das Parlament "blasser". Sie kritisierte vor allem die "Umstände der Wahl" als "Makel". In einem nächtlichen Hinterzimmerdeal hätten EVP und Liberale einen "Postenschacher durchgezogen". Regner bemängelte, dass Tajani in Gleichstellungsfragen für ein rückständiges Frauenbild stehe. Im EU-Parlament habe er gegen die körperliche Selbstbestimmung der Frau und das Recht auf Abtreibung gestimmt. Auch sei er gegen den Schutz von Whistleblowern.

Cornelia Ernst von der Linken Fraktion sieht das EU-Parlament mit Tajani zurück in die Vergangenheit rudern. Der grüne Mandatar Reinhard Bütikofer wollte das Versprechen Tajanis ernst genommen wissen, in fairer Weise für alle Abgeordneten zu arbeiten. "Daran werden wir ihn messen."

In den ersten drei Wahlgängen hatte es neben Tajani und Pitella noch vier weitere Kandidaten gegeben. Es waren Helga Stevens von der Konservativen und Reformer (EKR), die Grüne Gene Lambert, Eleonora Forenza von der Linken und Laurentiu Rebega von der rechtspopulistischen "Europa der Nationen und Freiheit" (ENF). Zuvor hatte der siebente Kandidat, Liberalen-Chef Guy Verhofstadt, seine Kandidatur zurückgezogen und die Unterstützung für Tajani bekundet.

Dies war auch der Auftakt zum Zerfall der bisherigen Großen Koalition im EU-Parlament. Sie wird durch ein Bündnis zwischen EVP und Liberalen abgelöst, die damit eine Reform der EU und die proeuropäischen Kräfte stärken wollen.

 

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