Massenproteste

Truppen auf Moskaus Straßen

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Spezialeinheiten an wichtigen Punkten der Hauptstadt im Einsatz.

Die russische Polizei ist nach der Parlamentswahl mit massiver Gewalt gegen Regierungsgegner vorgegangen und hat weit mehr als 250 Menschen festgenommen. In Moskau kamen unter anderem der Regierungskritiker und frühere Vize-Regierungschef Boris Nemzow, der Oppositionspolitiker Sergej Mitrochin von der liberalen Jabloko-Partei sowie Journalisten und Menschenrechtler in Polizeigewahrsam. Auch in St. Petersburg gab es Dutzende Festnahmen, wie das kremlkritische Internetportal kasparov.ru am Dienstag berichtete.

Die Teilnehmer riefen "Das Volk glaubt Putin nicht" und forderten wie am Vortag in Sprechchören ein "Russland ohne Putin" und "Freiheit" sowie faire Wahlen. Die Polizei griff nach eigener Darstellung ein, nachdem Handgemenge ausgebrochen seien.

Zuvor hatte die Staatsmacht Sondereinheiten des Innenministeriums an wichtigen Punkten in Moskau stationiert. Sie sollten unter anderem das Parlament schützen. Mehrere Oppositionelle erhielten wegen angeblichen Widerstands gegen die Polizei mehrtägige Arreststrafen. Der Chef der russischen Menschenrechtsorganisation, Oleg Orlow, warf der Polizei vor, mit "überharter" Gewalt vorgegangen zu sein.

Kritik zurückgewiesen
Präsident Dmitri Medwedew wies Kritik an der Wahl scharf zurück. Es sei Sache der russischen Regierung und nicht internationaler Beobachter, aus möglichen Mängeln bei der Abstimmung die richtigen Schlüsse zu ziehen, sagte Medwedew bei einem Treffen mit Wahlleiter Wladimir Tschurow. "Als nächstes sagen sie uns noch, wie unsere Verfassung auszusehen hat", sagte der Präsident der nach den USA größten Atommacht.

In der litauischen Hauptstadt Vilnius forderte der deutsche Außenminister Guido Westerwelle Russland auf, den Hinweisen auf massive Wahlfälschungen nachzugehen. US-Außenministerin Hillary Clinton nannte am Rande des OSZE-Treffens die Wahl "weder frei noch gerecht". Das Außenministerium in Moskau wies die Vorwürfe als "unannehmbar" zurück. Die USA sollten den Weg der Zusammenarbeit mit Russland weiter verfolgen statt Stereotypen zu verbreiten.

Sieg zugesprochen
Die Wahlkommission hatte der von Regierungschef Wladimir Putin geführten Partei "Geeintes Russland" ("Einiges Russland") mit knapp 50 Prozent der Stimmen den Sieg bei der Wahl zugesprochen. In Moskau bejubelten 15. Anhänger der Regierungspartei den Erfolg vom Sonntag. Die Regierungsgegner hatten am Vorabend 6.000 Menschen auf die Straße gebracht. Mindestens 300 Teilnehmer waren festgenommen worden.

Der nicht zur Wahl zugelassene Oppositionspolitiker Ilja Jaschin und der bekannte Blogger Alexej Nawalny wurden wie zahlreiche andere Regierungsgegner wegen Widerstands gegen die Polizei zu 15 Tagen Arrest verurteilt. Der Anwalt und Familienvater Nawalny (35), den Medien immer wieder als möglichen Präsidentenkandidaten nennen, ist zum ersten Mal in Haft. Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International bezeichnete ihn und Jaschin als politische Gefangene.

Putin-Aufruf
Putin forderte seine Partei auf, schnellstens auf die Probleme der Menschen einzugehen und die Verletzung von Menschenrechten zu verhindern. Putin kündigte für die Zeit nach der Präsidentenwahl am 4. März 2012, für die er von der Kremlpartei nominiert worden war, Erneuerungen im Machtapparat an.

Putins Sprecher Dmitri Peskow hatte zuvor in einem Interview mit dem russischen Dienst der BBC gesagt, dass die Menschen einen "neuen Putin" erwarteten. Der 59-Jährige wolle als "unabhängiger Politiker" wahrgenommen werden. "Er hat die innere Reserve, um die Lage im Land zu verbessern", sagte Peskow.

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