Türkische Kampfjets flogen Einsätze in Syrien und dem Irak.
Die türkische Luftwaffe hat am Freitag laut Medienberichten erneut Stellungen der Dschihadistenorganisation Islamischer Staat (IS) in Syrien ins Visier genommen. Die Kampfjets vom Typ F-16 hoben am Abend vom Luftwaffenstützpunkt Diyarbakir im Südosten des Landes ab, wie die Fernsehsender CNN-Türk und NTV berichteten. Zudem flog die türkische Luftwaffe Angriffe auf Militärlager kurdischer Rebellen im Nordirak, wie ein Sprecher der Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) mitteilte.
Bereits am frühen Freitagmorgen hatte die türkische Luftwaffe Stellungen der IS-Extremisten im Nachbarland Syrien bombardiert. Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte wurden dabei mindestens neun IS-Kämpfer getötet und zwölf weitere verletzt. Der Militäreinsatz gegen den IS habe sein Ziel erreicht und werde fortgeführt, sagte Regierungschef Ahmet Davutoglu nach den ersten Bombardements.
Es war das erste Mal, dass die türkischen Streitkräfte Angriffe auf IS-Stellungen in Syrien flogen, seit die Miliz im Sommer vergangenen Jahres weite Teile des Landes erobert hatte. Am Donnerstag hatten türkische Panzer bereits Stellungen der Dschihadisten in Syrien beschossen. Zuvor war ein türkischer Soldat durch Schüsse aus dem Nachbarland getötet worden.
Die Luftangriffe auf die IS-Stellungen markieren eine Kehrtwende im Umgang der Türkei mit der Dschihadistenmiliz. Die islamisch-konservative Regierung in Ankara war seit Langem dafür kritisiert worden, zu wenig gegen die Dschihadisten zu tun. Die Türkei beteiligte sich bisher nicht an den US-geführten Luftangriffen gegen den IS in Syrien. Grund für den nunmehr offenen Konflikt Ankaras mit dem IS ist vor allem der folgenschwere Anschlag vom Montag, bei dem im südtürkischen Suruc 32 Menschen getötet und etwa hundert weitere verletzt wurden. Der Selbstmordanschlag wird dem IS zugeschrieben.
Die Bundesregierung lobte Ankaras Einsatz gegen die Dschihadisten. "Es ist wichtig, dass sich auch die Staaten der Region gegen den IS-Terror engagieren und sich über Religionsgrenzen hinweg gegen diesen barbarischen Terror stellen", sagte Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) der "Bild"-Zeitung. Nach monatelangen Verhandlungen erlaubte die Türkei zudem den USA die Nutzung des Luftwaffenstützpunkts Incirlik.
Für die Angriffe der türkischen Luftwaffe auf Militärlager der kurdischen Rebellen im Nordirak gab es seitens der Regierung in Ankara zunächst keine Bestätigung. Ein Sprecher der PKK im Irak sagte der Nachrichtenagentur AFP, die Kampfjets hätten am Freitagabend fünf Ziele im autonomen Kurdengebiet nahe der Grenze zur Türkei zu bombardiert. Die Kampfflugzeuge überflogen demnach auch die Kandil-Berge im Nordirak, wo die politische Führung der PKK ihr Hauptquartier hat.
Die Türkei stuft die PKK als "Terrororganisation" ein, Mitglieder des bewaffneten Arms der PKK hatten sich in dieser Woche zur Tötung zweier Polizisten in der Türkei bekannt. Sie bezeichneten die Taten als Vergeltung für das Massaker von Suruc.
Als Reaktion auf die jüngste Gewalt ging die türkische Polizei am Freitag mit Anti-Terror-Razzien in 13 Provinzen gegen mutmaßliche Extremisten vor. Insgesamt wurden 297 Menschen wegen Terrorvorwürfen festgenommen. Außer gegen den IS und die PKK richteten sich die Razzien auch gegen die PKK-Jugendorganisation (YDG-H) sowie gegen die marxistische Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C). Ein weibliches Mitglied marxistische Revolutionäre Volksbefreiungspartei-Front (DHKP-C).der DHKP-C wurde laut der Nachrichtenagentur Anadolu bei einer Schießerei mit Polizisten in Istanbul getötet.
Am Abend kam es dort bei Protesten gegen die IS-Miliz zu Zusammenstößen zwischen Demonstranten und der Polizei. Die Einsatzkräfte gingen mit Tränengas und Gummigeschossen gegen die Teilnehmer der Kundgebung vor. Diese verurteilten das Attentat in Suruc und warfen der Regierung vor, IS-Kämpfer in der Türkei zu tolerieren. Für Samstag rief die wichtigste prokurdische Partei HDP zu einem großen "Marsch des Friedens" in Istanbul auf. Erwartet werden tausende Menschen und ein umfangreiches Aufgebot an Sicherheitskräften.