Bei den Kommunalwahlen in der Türkei hat sich Sonntagabend landesweit ein starker Stimmenverlust der islamisch-konservativen Regierungspartei AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan abgezeichnet.
Die Mitte-Links-Opposition kann darauf hoffen, die Kontrolle über die wichtigsten Städte des Landes zu behalten, darunter auch die Millionenmetropole Istanbul, die Hauptstadt Ankara und Izmir am Ägäischen Meer. Die Wahlen in 81 Provinzen galten als Stimmungstest für Erdogan.
Nach Auszählung von rund einem Drittel der Stimmen lag die größte Oppositionskraft, die Mitte-Links-Partei CHP (Republikanische Volkspartei), am Sonntag landesweit mit rund 39 Prozent knapp vor der AKP (rund 37 Prozent), wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu unter Berufung auf inoffizielle vorläufige Zahlen berichtete. Bei den vorigen Kommunalwahlen 2019 hatte die AKP 44 Prozent der Stimmen erreicht. Inoffizielle Ergebnisse zeigten der staatlichen Agentur zufolge, dass Erdogans AKP in den fünf bevölkerungsreichsten Städten, einschließlich Istanbul und Ankara, auf eine Niederlage zusteuerte.
Nach Auszählung von knapp 71 Prozent der Stimmen kam der Bürgermeister von Istanbul, Ekrem Imamoglu, auf 50,4 Prozent, während sein von Präsident Recep Tayyip Erdogan unterstützter Hauptrivale Murat Kuram bei 40,9 Prozent lag. Die oppositionsnahe Nachrichtenagentur Anka sah Imamoglu nach Auszählung von mehr als der Hälfte der Stimmen sogar bei rund 57 Prozent.
In Ankara lag CHP-Bürgermeister Mansur Yavas nach Auszählung von 46,4 Prozent der Stimmen bei 58,6 Prozent. Der Kandidat von Erdogans Regierungspartei AKP kam lediglich auf 33,5 Prozent. Angesichts eines soliden Vorsprungs in Ankara erklärte sich dir CHP zur Siegerin der Bürgermeisterwahl in der Hauptstadt. "Die Wahlen sind vorbei, wir werden Ankara weiter dienen", sagte Mansur Yavas. "Die Wähler haben dafür gestimmt, das Gesicht der Türkei zu verändern", sagte der CHP-Vorsitzende Özgür Özel. "Sie wollen die Tür öffnen für ein neues politisches Klima in unserem Land", fügte er hinzu. Auch in der Hafenstadt Izmir dürfte sich die CHP durchsetzen.
Die Türkei wurde mehr als zwei Jahrzehnte von der islamisch-konservativen AKP von Präsident Recep Tayyip Erdogan dominiert. Der Staatschef hatte sich im Wahlkampf für eine Rückeroberung des Bürgermeisteramts von Istanbul eingesetzt, das bei der Kommunalwahl 2019 überraschend an Imamoglu gefallen war.
Rund 61 Millionen Menschen in 81 Provinzen waren am Sonntag dazu aufgerufen, Bürgermeister, Gemeinderäte und andere Kommunalpolitiker zu wählen. Die Abstimmung galt als bedeutendes Stimmungsbarometer und als Weichensteller für die politische Zukunft des Landes. Im Südosten kam es im Zusammenhang mit der Abstimmung zu tödlichen Auseinandersetzungen.
Erdogan hatte sich vor allem zum Ziel gesetzt, die Metropole Istanbul mit seiner AKP zurückzugewinnen. Ekrem Imamoglu von der größten Oppositionspartei CHP hatte Erdogans regierender AKP 2019 die Macht in Istanbul entrissen und damit 25 Jahre der Regierung islamisch-konservativer Parteien beendet. Die AKP ließ die Wahl damals annullieren. In der zweiten Runde gewann Imamoglu mit noch größerem Abstand - der Erfolg gilt als schwerster Rückschlag in Erdogans bisheriger politischer Karriere. In Istanbul hatte einst auch Erdogans politischer Aufstieg seinen Anfang genommen, als er 1994 zum Bürgermeister gewählt wurde.
In der südosttürkischen Metropole Diyarbakir wurde am Sonntag ein Mensch getötet, elf weitere wurden verletzt, nachdem ein Streit über die Wahl eines Gemeindevorstehers ausgeartet war, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete. Auch in der Provinz Siirt sei ein Streit rund um die Wahl eskaliert und dabei ein Mensch getötet worden.
Die Wahl fand unter schwierigen Vorzeichen statt: Die hohe Inflationsrate und die wirtschaftliche Lage dürften Erdogans Partei Stimmen gekostet haben. Die Opposition wiederum, die bei der Parlaments- und Präsidentenwahl 2023 noch im Bündnis antrat, galt als zerstritten und trat nicht mehr geschlossen an.
Der Wahlkampf galt als unfair - ein Großteil der Medien in der Türkei steht unter direkter oder indirekter Kontrolle der Regierung. Größere Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung wurden zunächst nicht gemeldet. Die Partei DEM teilte mit, in der südosttürkischen Provinz Sanliurfa hätten Beamte versucht, an mehr als einer Urne abzustimmen. Man habe dies verhindert und dokumentiert.
Die Wahl ist auch bedeutend für die Zukunft der kurdischen Minderheit im Land. Die prokurdische Partei DEM hofft auf Wahlsiege im Südosten, wo sie traditionell große Unterstützung hat, aber einer starken AKP gegenüber steht. Die Partei hatte unter dem Namen HDP bei den vergangenen Kommunalwahlen 65 Bürgermeisterposten gewonnen - die Regierung in Ankara ließ einen Großteil der Politiker aber wegen Terrorvorwürfen des Amtes entheben und durch Zwangsverwalter ersetzen.
Erdogan unterstellt der prokurdischen Partei Terrorverbindungen, was diese zurückweist. In der südosttürkischen Metropole Diyarbakir wurde am Sonntag ein Mensch getötet, elf weitere Personen wurden verletzt, nachdem ein Streit über die Wahl eines Gemeindevorstehers ausgeartet war, wie die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu berichtete.
Der Wahlkampf galt als unfair - ein Großteil der Medien in der Türkei steht unter direkter oder indirekter Kontrolle der Regierung. Größere Unregelmäßigkeiten bei der Abstimmung wurden zunächst nicht gemeldet. Die Partei DEM teilte mit, in der südosttürkischen Provinz Sanliurfa hätten Regierungsbeamte versucht, an mehr als einer Urne abzustimmen. Man habe dies verhindert und dokumentiert.