Kirgisistan-Revolte

Übergangsregierung schießt auf Plünderer

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Der autoritäre Präsident Bakijew verweigert den Rücktritt. Russland hat die Armee mobilisiert - und schickt 150 Soldaten in das Land.

In Kirgistan flammen die Gewaltexzesse in der Hauptstadt Bischkek nach Medienberichten wieder auf. Demnach ordnete der von der bisherigen Opposition eingesetzte Innenminister der neuen Übergangsregierung, Bolot Schernijasow, an, auf Plünderer und Randalierer schießen zu lassen. Das sagte der Minister nach Angaben der Moskauer Agentur Interfax am Donnerstag im staatlichen Fernsehen. Zuvor hatten Medien über Brandschatzungen in der Stadt berichtet.

Rätsel um entmachteten Präsidenten
Das Schicksal des entmachteten Präsidenten Kurmanbek Bakijew war unterdessen weiter unklar. Am Vormittag hatten kirgisische Medien unter Berufung auf Bakijews Umfeld berichtet, der Staatschef habe seinen Rücktritt erklärt. Am Abend zitierte die kirgisische Agentur 24.kg aus einer E-Mail, in der Bakijew nach unbestätigten Angaben weiter seinen Machtanspruch erhebe. "Ich als der Garant der Verfassung Kirgistans erkläre, dass im Fall einer weiteren Destabilisierung die gesamte Verantwortung auf den Führern der Opposition liegt, die mit der ganzen Härte des Gesetzes bestraft werden", zitierte die Agentur aus dem Schreiben.

Die gespannte Lage in der zentralasiatischen Ex-Sowjetrepublik war auch Thema der Gespräche der Präsidenten der USA und Russlands, Barack Obama und Dmitri Medwedew, in Prag. Russland hatte 150 Soldaten nach Kirgistan geschickt, um seine Streitkräfte dort und deren Familienangehörige schützen zu lassen. Die neue Führung in Bischkek sicherte die Einhaltung aller internationalen Verträge zu. Dazu gehört auch die Nutzung des Luftwaffenstützpunkts Manas durch die USA. Von dort aus versorgen die US-Streitkräfte ihre Truppen in Afghanistan.

Bei den Unruhen im Zuge des politischen Umsturzes in Kirgisistan sind nach Angaben der Behörden mindestens 68 Menschen getötet worden. Mehr als 520 weitere seien bei den schweren Zusammenstößen zwischen Sicherheitskräften und Demonstranten in der Hauptstadt Bischkek und weiteren Städten verletzt worden, teilte das Gesundheitsministerium am Donnerstag mit. Rund 400 von ihnen wurden demnach noch in Krankenhäusern behandelt.

Bakijew verweigert Rücktritt
Die Opposition hat am Mittwoch nach eigenen Angaben die Regierung gestürzt. Ex-Außenministerin Rosa Otunbajewa setzte sich an die Spitze einer neuen "Regierung des Volkes". Der bisherige Präsident Kurmanbek Bakijew flüchtete am Abend mit einem Flugzeug aus der Hauptstadt.

Bakijew hält aber offenbar an seinem Machtanspruch fest. Er werde trotz seiner Flucht aus der Hauptstadt Bischkek nicht von seinem Amt zurücktreten, erklärte Bakijew am Donnerstag. Sein Land stehe nach den blutigen Unruhen derzeit am "Rande einer humanitären Katastrophe", hieß es in der Mitteilung auf dem Internet-Nachrichtenportal 24.kg, das als Sprachrohr seiner Regierung gilt.

Selbst ernannter Übergangspräsident
Otunbajewa sagte am Donnerstag, Bakijew sei in den Süden des Landes geflohen. Er versuche dort, seine Anhänger um sich zu scharen, sagte die selbst ernannte Übergangspräsidentin bei ihrer ersten Pressekonferenz seit dem Umsturz. Die Opposition bestehe aber darauf, dass er zurücktrete. Vereinzelt hatten Medien bereits seinen Rücktritt gemeldet. Otunbajewas Angaben zufolge befindet sich Bakijew in seiner Heimatstadt in der Nähe von Osch.

Otunbajewa äußerte sich auch zu einer wichtigen Luftwaffenbasis der USA in der Nähe von Bischkek. Der Stützpunkt Manas nördlich der kirgisischen Hauptstadt bleibe geöffnet, sagte sie. An dem Abkommen zwischen den USA und Kirgisistan über die Basis gebe es keine Veränderungen. Nach dem von der Opposition verkündeten Sturz der Regierung hatten die USA die Flüge zunächst ausgesetzt.

Die US-Luftwaffenbasis Manas wird von der US-Armee und der NATO als Stützpunkt für ihre Einsätze in Afghanistan genutzt. Jeden Monat passieren rund 35.000 US-Soldaten die Basis auf ihrem Weg zurück in die Heimat oder nach Afghanistan. Die Regierung in Washington hatte die gewaltsamen Ausschreitungen in dem zentralasiatischen Land verurteilt.

Russland schickt 150 Soldaten
Nach dem Machtwechsel in Kirgisistan hat Russland zum Schutz seiner dort stationierten Streitkräfte und ihrer Familien 150 Soldaten in das GUS-Land entsandt. Die Truppenverstärkung in der zentralasiatischen Ex-Sowjetrepublik diene dem Schutz der russischen Luftwaffenbasis in Kant. Das teilte der russische Generalstabschef Nikolai Makarow am Donnerstag nach Angaben der Moskauer Agentur Interfax in Prag mit. Die Entsendung der Soldaten sei auf Befehl von Präsident Dmitri Medwedew, dem Oberbefehlshaber der russischen Streitkräfte, erfolgt.

Kasachstan hilft Ausländern
Kasachstan will Ausländern unbürokratisch helfen, falls sie vor den blutigen Unruhen im Nachbarland Kirgistan fliehen müssen. Diese Zusage machte der kasachische Außenminister Kanat Saudabajew am Donnerstag in einem Telefongespräch mit dem deutschen Außenminister Guido Westerwelle. Das Auswärtige Amt in Berlin erklärte, beide Minister seien sich einig gewesen, dass alles getan werden müsse, um die Lage in der zentralasiatischen Republik zu beruhigen und zur gesetzmäßigen Ordnung zurückzukehren.

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