Einmarsch "jederzeit" möglich

Ukraine-Konflikt: Biden warnt vor "Weltkrieg"

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Die USA rufen ihre Bürger auf, die Ukraine zu verlassen. Ein russischer Einmarsch sei "jederzeit" möglich.

US-Präsident Joe Biden hat den Ton gegenüber Russland im Ukraine-Konflikt wieder verschärft. In einem voraufgezeichneten Interview mit dem US-Sender NBC, das am Donnerstag veröffentlicht wurde, rief Biden US-Bürger in der Ukraine auf, das Land "jetzt" zu verlassen. US-Außenminister Antony Blinken hält einen russischen Einmarsch in die Ukraine für "jederzeit" möglich. Das schließe den Zeitraum während der Olympischen Spiele mit ein, betonte er bei einem Besuch in Australien.

"Wir haben es hier mit einer der größten Armeen der Welt zu tun", sagte Biden in dem Interview mit Verweis auf die russische Truppenansammlung an der Grenze zur Ostukraine. "Das ist eine ganz andere Situation, und die Dinge könnten schnell verrückt werden." Biden warnte seinen russischen Amtskollegen Wladimir Putin davor, US-Bürgern Schaden zuzufügen. Er hoffe, dass wenn Putin "so töricht" sei, in die Ukraine einzumarschieren, er "klug genug ist, nichts zu tun, was sich negativ auf amerikanische Bürger auswirkt".

"Wenn Amerikaner und Russen aufeinander schießen"

Die US-Regierung hatte bereits im Jänner ihren Bürgern empfohlen, die Ukraine wegen der "unvorhersehbaren" Lage selbstständig zu verlassen. Sie hatte damals auch die Abreise der Angehörigen von US-Diplomaten in der ukrainischen Hauptstadt Kiew angeordnet und ihre Bürger vor Reisen nach Russland gewarnt.

Biden bekräftigte, dass er unter keinen Umständen US-Truppen in die Ukraine schicken würde, auch nicht zur Rettung von US-Bürgern im Falle einer russischen Invasion. Dies würde "einen Weltkrieg" auslösen, sagte er und bekräftigte: "Wenn Amerikaner und Russen anfangen, aufeinander zu schießen, befinden wir uns in einer ganz anderen Welt."

Russland hat nach westlichen Angaben in den vergangenen Monaten mehr als 100.000 Soldaten an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen. Dies schürt in der Ukraine wie im Westen die Furcht vor einem möglichen Großangriff Russlands auf das Nachbarland. Russland weist jegliche Angriffspläne zurück. Zugleich führt der Kreml an, sich von der NATO bedroht zu fühlen.

NATO-Präsenz

Die NATO brachte angesichts des russischen Truppenaufmarsches an der Grenze zur Ukraine den Ausbau ihrer Präsenz im östlichen Bündnisgebiet auf den Weg. Nach Informationen der dpa nahmen die 30 Mitgliedstaaten in dieser Woche in einem schriftlichen Beschlussverfahren einen entsprechenden Vorschlag der Militärs an. Dieser zielt insbesondere darauf ab, zur Abschreckung Russlands auch in südwestlich der Ukraine gelegenen NATO-Ländern wie Rumänien multinationale Kampftruppen zu stationieren. Bisher gibt es die sogenannten Battlegroups nur in den baltischen Staaten Estland, Litauen und Lettland sowie in Polen.

Der Beschluss der Alliierten soll am kommenden Mittwoch bei einem Treffen der Verteidigungsminister noch einmal bestätigt werden. Dann wird auch die offizielle Ankündigung erfolgen. Die Umsetzung der Planungen könnte noch in diesem Frühjahr erfolgen. Mit Spannung wird nun erwartet, wie Russland auf die Entscheidung der NATO reagiert.

Nach Angaben des US-Verteidigungsministeriums telefonierte US-Generalstabschef Mark Milley am Donnerstag mit seinem belarussischen Kollegen Viktor Gulewitsch, um die Gefahr von "Fehleinschätzungen" vor dem Hintergrund eines Militärmanövers in der nahe der ukrainischen Grenze gelegenen Region Brest zu verringern. Den USA zufolge wurden rund 30.000 Soldaten aus Russland nach Belarus verlegt.

Russisches Manöver

Nach russischen Angaben geht es bei der Übung darum, die Streitkräfte darauf vorzubereiten, "externe Aggressionen" abzuwehren. Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj warf Moskau aber vor, "psychologischen Druck" auf sein Land auszuüben.

Russland hatte außerdem sechs Kriegsschiffe zu Marineübungen im Schwarzen Meer und im benachbarten Asowschen Meer entsandt. Kiew verurteilte die Anwesenheit dieser Schiffe als einen "beispiellosen" Versuch, die Ukraine von beiden Meeren abzuschneiden.

Unterdessen teilte das US-Militär am Donnerstag mit, dass Langstreckenbomber des Typs B-52 zusammen mit Bodenpersonal auf dem britischen Luftwaffenstützpunkt Fairford in England gelandet seien. Sie sollen demnach an einer "seit langem" geplanten NATO-Übung teilnehmen. Außerdem waren laut Angaben vom Donnerstag vier Zerstörer vergangenen Monat zu NATO-Übungen in das von der Sechsten US-Flotte abgedeckte Gebiet entsandt worden, das auch das Mittelmeer umfasst.

Eine politische Lösung der Ukraine-Krise wird nach Ansicht von Experten immer schwieriger. "Es gibt für keine Seite aktuell die Möglichkeit, gesichtswahrend zu deeskalieren", sagte der Russland-Experte der Universität Innsbruck, Gerhard Mangott, der dpa. Zugleich bedeuteten weder der Aufmarsch russischer Truppen an der ukrainischen Grenze noch die aktuellen Manöver automatisch eine Vorbereitung auf einen Krieg. Für den russischen Präsidenten Putin gehe es augenscheinlich darum, durch eine immer brisantere Drohkulisse, den Westen doch noch zum Einlenken zu bewegen, sagte Mangott weiter.

Vor der Reise des deutschen Bundeskanzlers Olaf Scholz nach Kiew und Moskau beendeten Vertreter beider Seiten unterdessen ihr zweites Treffen im "Normandie"-Format seit Beginn der aktuellen Krise ohne greifbares Ergebnis. Nach fast zehnstündigen Verhandlungen in Berlin zogen die deutsch-französischen Vermittler am Donnerstagabend ein nüchternes Fazit: In "schwierigen Gesprächen" zwischen den Gesandten Russlands und der Ukraine seien "die unterschiedlichen Positionen und verschiedene Lösungsoptionen deutlich herausgearbeitet" worden. Die russische Seite warf den Vermittlern anschließend vor, zu wenig Druck auf die ukrainische Regierung auszuüben.

Die erste solche Vierer-Runde seit Beginn der aktuellen Krise um den russischen Truppenaufmarsch an der ukrainischen Grenze hatte Ende Jänner in Paris stattgefunden. Ein weiteres Treffen in diesem sogenannten Normandie-Format wurde nun für März vereinbart.
 

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